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Games don't kill, Guns do.

Irgendwann war es dann genug. Wie lange sollen Videospiele noch als Sündenbock für reale Schreckenstaten und Amokläufe herhalten müssen, ohne dass Politiker und Meinungsbilder einer vorangegangenen Generation sich mit konkreter Ursachenforschung auseinandersetzen?

Jana Herwig, selbst ernannte Casual-Gamerin, war es leid einen medialen Diskurs erleben zu müssen, der von Meinungsmache, Mythen und Vorurteilen geprägt war. Ein Diskurs, der darin gipfelte , dass der deutsche Bundespräsident einem ganzen Medium eine Teilschuld für einen Amoklauf zuschrieb, das er selbst nie konsumierte und sich dann auch noch auf den "gesunden Menschenverstand" berief.

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Zuspruch

Im März 2009 entstand aus dieser Unruhe heraus eine Internet-weite Initiative, um Kausalitäten wiederherzustellen und Fragen aufzuwerfen. Zusammen mit Harald Eckmüller wurde auf Twitter, Flickr und Facebook zur Diskussion aufgerufen. Der Aufhänger: "Games don't kill, Guns do".

Innerhalb weniger Monate fanden sich hunderte Befürworter, die ihren Zuspruch schriftlich oder in Form von Bildern Kund gaben. Rund achtzig dieser Werke wurden online unter flickr.com/groups/games-dont-kill veröffentlicht.  

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Öffentliches Forum

Vergangenen Montag präsentierten die Initiatoren im Museumsquartier in wien das vorläufige Ergebnis ihrer Aktion. "Unerwartet viele" Besucher, darunter zahlreiche Eltern samt Kindern, kamen, um sich die Bilder anzusehen und die Beweggründe anzuhören. Wissenschaftliche  Schützenhilfe erhielten Herwig und Eckmüller vom Videospielforscher Dr. Konstantin Mitgutsch, der aber anstatt Statistiken abzurufen...

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...die Grundproblematik in der Gewaltspiel-Debatte aufzeigte. 

Hausverstand

So zitierte der Forscher die "statistische Dünnbrettbohrerei" und wies darauf hin, dass sich beide Seiten der Wissenschaft bedienen, um ihre Thesen zu bestätigen.

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Horst Köhler, der live auf ZDF zum Gedenken an die Opfer von Winnenden, an den "guten Menschenverstand" appellierte, sei das beste Beispiel für die weit fortgeschrittene Emotionalisierung dieser Thematik.

Kausalitäten würden mit Korrelationen vermischt, Handlungen in Videospielen aus dem fiktiven Rahmen herausgelöst.

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Hyperreal

Dabei gab Mitgutsch zu bedenken, dass sich über die Jahre mehrmals änderte, was zu weit geht und was nicht. Beispielsweise wurde in Deutschland der Egoshooter "Doom" zur Erstauflage in den 1990ern indiziert, 20 Jahre später erhielt das Remake eine Alterseinstufung von 16 Jahren.

Über den gefürchteten Realismus würden die meisten Videospiele heute bereits hinausschießen. Gewalt werde nicht mehr "real" sondern "hyperreal" dargestellt.

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Generationenfrage

Ein Problem dabei sei, dass Gesetzgeber oftmals einer Generation entspringen, die sich nur passiv mit Computerspielen auseinandersetzen.

"Eltern schauen Computerspiele, Kinder spielen sie", so der Tenor. Der vielzitierte "Hausverstand" ergründe sich daher oft aus Mythen, Vorurteilen und ziele vor allem darauf ab, die eigenen Thesen zu bestätigen.

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Verzweigt

Die Initiative "Games don't kill" ruft daher nicht in erster Linie auf, die Schuld für Amokläufe auf Waffen oder andere Faktoren zu schieben, sondern die Art und Weise, wie die Diskussion in der Öffentlichkeit geführt wird, in Frage zu stellen.

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Wie passen friedlich miteinander spielende CounterStrike-Zocker und LAN-Party-Besucher mit dem "virtuell trainierenden Massenmörder" zusammen, wie er gut und gern in den Medien gezeichnet wird?

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Warum werden Gewaltspiel-Verbote und Waffenschutzgesetze immer häufiger in einem Satz gefordert?

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Warum werden Medien mit violenten Inhalten verteufelt und Kriegsgeräte zum Nationalfeiertag stolz zur Schau gestellt?

(Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 16.6.2009)

Links

flickr.com/groups/games-dont-kill