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Kunstaktion "Yellow fog" vor der Verbund-Zentrale Am Hof im vergangenen Winter - ein Sinnbild für die argumentative Klarheit der E-Wirtschaft in der Umwelt-Debatte?

Foto: APA/Hans-Klaus Techt

Die massiven Angriffe auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) seitens der Wirtschaftsinteressenvertretungen, insbesondere der Industriellenvereinigung (IV), E-Wirtschaft und der Skigebietsindustrie, sind völlig haltlos, wenn man sich die Fakten ansieht:

Von insgesamt 229 UVP-Verfahren wurden bis zum Jahr 2009 154 bewilligt, lediglich fünf wurden abgelehnt, fünf zurückgezogen und drei zurückgewiesen, 62 UVP-Verfahren laufen zurzeit noch. Auch was die Verfahrensdauer betrifft, zählen die österreichischen UVP-Verfahren zu den Schnellsten in Europa, so enden z. B. die UVP-Verfahren bei Wasserkraftwerken nach durchschnittlich neun Monaten - mit einem Bewilligungsbescheid.

Dazu kommt, dass in vielen Fällen nicht Umwelt- und Naturschutzvorschriften den Bau eines Kraftwerks verhindern, sondern das Unvermögen der Projektwerber selbst, wie etwa das Beispiel des Pumpspeicherkraftwerks Sellrain-Silz im Kühtai zeigt. Das Projekt war kurz vor der UVP-Einreichung, dann verschob sich die seitens der Tiwag angekündigte Einreichung neuerlich und jetzt scheint man sich ganz davon zu verabschieden. Was tut die E-Wirtschaft? Sie will das Scheitern dieses Projekts einmal mehr den strengen Umweltschutzvorschriften und den NGOs in die Schuhe schieben. Der wahre Grund liegt allerdings in den unklaren Besitzverhältnissen - Stichwort Cross-Border-Leasing.

Die geplante UVP-G Novelle 2009 ist die Reaktion Österreichs auf ein von der Europäischen Kommission eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich. Von Seiten des Ministeriums wird dabei die Möglichkeit genützt, um lange bestehende Mankos der UVP-Gesetzgebung in Österreich zu eliminieren und endlich Klimaschutz und Energieeffizienz als Prüfkriterium in die UVP aufzunehmen. Wesentliche Punkte sind neben der Frage der ausufernden Schigebiete in Tirol, Gewässerregulierungen, fehlende Rechte von Anrainern, Bürgerinitiativen und NGOs, zu hohe Schwellenwerte, sowie die Errichtung von Kraftwerken, Klima- und Energieeffizienzfragen.

Absurderweise lehnt die E-Wirtschaft genau diese Innovation ab, obwohl dieses Kriterium maßgeblich zu der von ihr sonst so strapazierten Versorgungssicherheit beitragen würde. Der genaue Grund für den Widerstand der E-Wirtschaft ist § 17 Abs 2 des Entwurfs, der gewährleisten soll, dass bei der Errichtung von UVP-pflichtigen Kraftwerken und neuen Anlagen der Grundstoff-, Stahl-, Papier- und chemischen Industrie im Zuge der UVP der effiziente Einsatz der Energie und die Problematik der Treibhausgase berücksichtigt werden.

Angesichts der letzten Gaskrise, der Ziele der Klimastrategie, der EU-Ziele zum Ausbau der Erneuerbaren und zur Reduktion der CO2-Emissionen und des angelaufenen Prozesses zur Ausarbeitung der Energiestrategie Österreich ist diese Regelung allerdings unverzichtbar. Klimaschutz und Energieeffizienz müssen Grundsäulen der UVP sein.

Nichtsdestotrotz wehren sich die Wirtschaftsvertreter gegen die Einführung dieser UVP-Prüfkriterien, wie die Reduktion der klimaschädlichen Gase und die Vorschreibung von Energieeffizienz nach dem Stand der Technik.

Auch die Auflage, die verpflichtend vorschreibt, dass bei der Errichtung von Energieerzeugungsanlagen ausreichend für Wärmenutzung gesorgt wird, wird von der Industriellenvereinigung abgelehnt. Und sie wehrt sich dagegen, dass der Klimaschutz ein Prüfkriterium bei der Erteilung des Behördenbescheides der Umweltverträglichkeit einer Betriebsanlage wird.

Gerade die Einhaltung dieser Kriterien würde jedoch für die Zukunftsfähigkeit der Branche sprechen und wäre zugleich die mindeste Gegenleistung dafür, dass der Sektor Millionen Subventionen für die Gratis-CO2-Zertifikate im Rahmen des Emissionshandels bekommt.

Dagegen regt sich bezeichnenderweise kein Widerstand. Herr Präsident Anzengruber, wie passt das zusammen?(Gerhard Heilingbrunner, DER STANDARD-Printausgabe, 16.6.2009)