Die US-amerikanischen Mobilfunkkonzerne haben in einem Förderprogramm zugunsten sozial Bedürftiger Lunte gerochen. So kommt dem bereits zwei Jahrzehnte alten Bundesgesetz, das hinter dem "Lifeline" genannten Programm steht, in Zeiten der Wirtschaftskrise wieder eine höhere Bedeutung zu. Dieses sah in seiner ursprünglichen Variante vor, arme Menschen mit Festnetzservice zu versorgen, berichtet die New York Times. Mittlerweile stattet es Bedürftige mit Handys und freien Gesprächsminuten aus. Während dadurch einerseits die Bedeutung von Mobiltelefonen zum Ausdruck kommt, um Arme in die Gesellschaft zu integrieren, sind es andererseits nicht nur die sozial Bedürftigen, die von den staatlichen Förderungen profitieren. Zudem erkennen die Anbieter darin ein potenziell zukunftsträchtiges Geschäftsfeld und wittern bislang noch ungenutzte Marktchancen.

Über 90 Prozent der Bevölkerung verfügen bereits über zumindest ein Handy

Innerhalb der vergangenen Jahre haben sich die US-Mobilfunkbetreiber Analysten zufolge selbst einen wachsenden Stolperstein gelegt: Über 90 Prozent der Bevölkerung verfügen bereits über zumindest ein Handy, wie die Marktforscher von Nielsen aufzeigen. Damit steht den Anbietern in den Staaten nur mehr ein Markt von 32 Mio. potenziellen Neukunden offen - Altersschwache inbegriffen. Arme Menschen, denen Mobiltelefone bislang aus Kostengründen verwehrt blieben, scheinen die letzte noch unberührte Nische zu füllen. Um sie habe das Rennen bereits begonnen. Netzbetreiber wie die Größen AT&T oder Sprint Nextel haben Interesse an dem Programm bekundet. Sie erhalten staatliche Förderungen, um Arme ein Mobiltelefon und Gesprächsguthaben bereitzustellen. Pro Anschluss stehen bis zu zehn Dollar im Monat in Aussicht, womit die anfallenden Servicekosten in Höhe von rund drei Dollar mehr als gedeckt sein sollten.

Geringverdiener-Richtlinien

Seit November hat sich die Zahl von Bedürftigen mit kostenfreien oder geförderten Mobilfunkverträgen auf 1,4 Mio. verdoppelt. Um Anspruch darauf zu haben, müssen die staatlichen Geringverdiener-Richtlinien erfüllt sein oder andere Sozialdienste wie der Bezug von Essensmarken oder der Gesundheitsdienst für Bedürftige in Anspruch genommen werden. Der Prepaid-Anbieter Tracfone bedient den überwiegenden Großteil jener, die dank Lifeline zu einem Mobiltelefon kommen. Mittlerweile würde sogar Fernsehwerbung geschalten, um potenzielle Neukunden darauf hinzuweisen, wie einfach es sei, ein kostenfreies Motorola-Handy zu erhalten. Die schwache Wirtschaftslage mache das Publikum aufmerksamer. Dabei könne das Unternehmen durch das Programm ohnehin "zu etwas Geld kommen". Darüber hinaus setzt Tracfone nach eigenen Angaben darauf, dass sich das Schicksal der Bedürftigen wendet. Sobald sie die Kriterien der "staatlichen Mobilfunk-Wohlfahrt" nicht mehr erfüllen, könnten sie als voll zahlende Kunden weitergeführt werden. Dann könne sich das Förderprogramm nach Ansicht des unternehmenseigenen Lobbying-Direktors Jose Fuentes "zu einem guten Geschäft entwickeln". (pte)