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Im Mai 1974 fand in der New Yorker Galerie René Block eine szenische Performance von Joseph Beuys statt, die die von ihm proklamierte und postulierte Einheit von Kunst und Leben darstellen sollte.

Die Aktion bestand darin, dass Beuys sich für sieben Tage und Nächte zusammen mit einem wilden Koyoten in einem Käfig einsperren ließ, um einen diskursiven Dialog zwischen Mensch und Tier zu evozieren. Das daraus resultierende wortlose, gestenreiche und mythische Spiel illustriert ein Gleichnis verschütteter Möglichkeiten humanen Dialogs. Die Dokumentation der Kunsthistorikerin Caroline Tisdall ist das Unikat einer solchen Beuys'schen Kunstaktion. 


Die Archaik des domestizierenden Rollenspiels von Beuys mit dem Koyoten, unter Verwendung der immer wiederkehrenden Instrumente eines Triangels, einer heulenden Turbine, einem Paar Handschuhe, einem Stock, zwei Filzbahnen und einer Taschenlampe, gerät mittels karger, dennoch ikonografischer Schwarz-Weiß-Fotografien zu provokativen Zeugnissen von natürlichem Instinkt und Sozialisierung.

Seit Beginn der 60er-Jahre veranstaltete Beuys derartige an Rituale gemahnende Performances; diese Aktionen stellen den geheimnisvollsten, am wenigsten fassbaren Teil seines OEuvre dar. Es geht um die elementare Sprache der archaischen Natur und der Diversifizierung unterschiedlicher Lebensformen und Positionen. Caroline Tisdall repliziert angesichts der Neuauflage ihrer 1976 erstmals publizierten Dokumentation: "Mir hat Coyote von allen Kunstwerken am meisten gegeben, und wie alle großen Werke der Kunst wahrt es seine ganz eigene, geheimnisvoll-komplexe Aura von scheinbarer Einfachheit und Verständlichkeit." (Gregor Auenhammer, DER STANDARD/Printausgabe, 13./14.06.2009)