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Mit Betonung auf "europäische, inhaltliche und präzise" Galeriearbeit: "Pier-House-Painting'" (1992-2009) von Dieter Roth bei Hauser and Wirth aus Zürich.

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Meditationsübung im Zen-Garten? Mit konzentrierten Besenstrichen streichelt die Galeristin die Fußspuren im Sand zwischen Giovanni Anselmos Steinblöcken (Art Unlimited) wieder glatt. Eine Geste, die, trotz vordergründiger Gelassenheit überall, etwas von Selbstberuhigung hat. Es ist Art Basel (bis 14.6.). Und die Welt ist selbstverständlich in Ordnung. Finanzkrise? Ach, alles easy. "Wir haben so viele Bewerber (1100) gehabt wie noch nie, die Qualität der Galerien und der Werke ist ausgezeichnet, die ersten Stücke sind bereits verkauft" , zeigt sich Marc Spiegler, einer der Leiter der Art am Preview-Tag zuversichtlich. Der große Andrang ist nachvollziehbar, hat doch die Art in Krisenjahren ihren Vorsprung auf andere Messen stets ausbauen können.

Hier verkauft man auch in mageren Zeiten, denn der Sammler weiß, auf der traditionsreichen, heuer zum 40. Male stattfindenden Messe finden sich immer qualitätsvolle Werke von bleibendem Wert. Also dürfte Basel der wichtigste Indikator dafür werden, wie es tatsächlich um den Markt bestellt ist. Man wird sehen.

Dass man eine Messe ist und keine Ausstellung, schiebt man hier gerne beiseite; schließlich hat man sich seit Anbeginn zeitlich zwischen Biennale und Documenta eingeparkt. Und diesen Anspruch untermauert man jährlich mit neuen Spektakeln. Aktuell im gar nicht so mageren Drumherum-Paket die von Hans Ulrich Obrist und Philippe Parreno kuratierte Gruppenausstellung Il Tempo del Postino, eine "Show" aus zeit- statt raumgreifenden Arbeiten. Kritiker, die Kunstbörsenberichte schreiben, so was mag man hier nicht.

Let's talk about art! Sicher doch, nichts liegt bei der Visite von über 300 kommerziellen Galerien näher. Messen sind eher keine Orte für Neuentdeckungen! Schon gar nicht 2009 - wo jegliches Experiment ausgeblieben ist. Selbst in den Formaten bleibt man überwiegend wohnzimmertauglich. Oder ist es bereits ein Wagnis, wenn man wie die traditionsreiche Zürcher Galerie Bischofsberger alles auf eine, in Silberfolie gewickelte Karte setzt? Ihr Warhol (Big Retrospective Painting), so groß (11 Meter lang) und so teuer (ca. 53 Mio Euro), ist vom Sammler, der ihn erst 2006 erwarb, nun in liebevolle Hände abzugeben. Kunstberater Allan Schwartzman: "Auf dem Sekundärmarkt sind aktuell viel bessere Stücke zu haben als noch vor Jahren."

Ruhiger ist es auf alle Fälle, sogar schon am traditionell überlaufenen Preview-Tag. Im Vorjahr herrschte da noch raffende Ausverkaufsstimmung. Die vielfach impulsiv und spontan kaufenden amerikanischen Sammler, deren drastisches Wegbrechen schon für 2008 befürchtet wurde, sind tatsächlich nur noch spärlich gesät. "Jene, die nicht lange überlegt haben, sind jetzt eben weg", bemerkt Florian Baron von der Galerie Nagel (Filiale Köln) lapidar. Langfristig gesehen sei das aber nicht schade. "Das Geschäft geht langsamer", bestätigt er das, was man allerorts hört. Neben Klassikern wie Marcel Broodthaers Wort-Bild-Spielen Les poissons (1975) schmückt die Koje auch eine große textile Collage von Cosima von Bonin. Zusperren, weil es auf der Art Basel schlecht läuft, würde man aber nicht. Aber das Messeverhalten hat sich verändert: Die Frieze spart man sich, weil die Fiac die bessere Alternative ist. Aber für Miami habe man sich, trotz schlechter Geschäfte im Vorjahr, bereits angemeldet.

Kleinere Teams

"Selektiver, überlegter, sensibler gegenüber den Preisen" , charakterisiert die Stimmung Dominique Levy, von L&M Arts in New York, die ihr zehnjähriges Basel-Jubiläum feiern. Die raren Dinge haben ihren Preis gehalten, erklärt die Händlerin, die unter anderem eine große Donald-Judd-Arbeit von 1987 verkauft hat. Um wie viel, will sie aus Diskretionsgründen nicht verraten. Die prekäre Situation in New York kommentiert Levy kühl: "Ich habe noch von keiner Galerie guter Qualität gehört, die hätte zusperren müssen." Und wenn dort zehn zusperren, mache das - im Verhältnis - gar nichts aus. Andere wiederum expandieren sogar. So wie Barbara Gladstone, die im Big Apple einen zweiten Raum und eine Filiale in Brüssel eröffnet hat, und Hauser&Wirth, die es ab September in Uptown wagen. Marc Payot, der die Filiale New York leiten wird, erklärt, es sei eine langfristige Entscheidung gewesen. Künstler wie Paul McCarthy, Eva Hesse, oder Roni Horn, die bisher keine US-Vertretung hatten, hätte man ansonsten verloren. Punkten will man im Vergleich zu den "Luxusläden" mit klassischer europäischer, also inhaltlicher Galeriearbeit. In Basel, wo jeder zweite Kojenbesucher auf Christoph Büchels "verlorene" Brieftasche hereinfällt, gehen die Geschäfte gut: Paul McCarthys Edelstahl-Schwein brachte 1,5 Mio Dollar.

Die Spuren der Krise in New York sind deutlich, sagt Payot, dass große Galerien zusperren müssen, glaubt er nicht. "Die reduzieren einfach die Ausgaben." Auf gut Deutsch: Es werden Mitarbeiter gekündigt. Was bereits zu bemerken ist. "Viele bekannte Gesichter fehlen, die Verkauftsteams werden kleiner" , beobachtete eine junge Galeristin. In den etablierten Galerien herrscht geschäftige Gelassenheit: David Maupin (Lehman Maupin) etwa sieht die Krisenresistenz durch die Internationalität der Künstler und Arbeit mit Institutionen begründet. Die kleineren New Yorker, wie etwa Miguel Abreu, schmunzeln fast verlegen bei Fragen nach der Krisenstrategie: billig sein.

Bei den Österreichern ist man überrascht, wie gut es läuft. Bei Hilger gingen etwa die launigen Kunstmarktkommentare Daniele Buettis rasant weg. Rosemarie Schwarzwälder bemerkt "keinen Unterschied" zum Vorjahr. Und Georg Kargl: "Ja, man hört, die Hedgefonds-Manager kämen nicht mehr. Aber die waren bei mir auch noch nie." (Anne Katrin Feßler, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 13./14.06.2009)