Wien/Berlin/Langen/Paris - Das Ausrufen der Influenza-Pandemie-Stufe 6 durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Donnerstag führt vorerst in Österreich zu keinen weiteren Maßnahmen. "Österreich hat seine Vorkehrungen so getroffen, dass es faktisch keine Veränderungen gibt", erklärte am Freitag eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums. Es gab Expertengespräche. Ähnlich wie im Ministerium lauteten auch die Aussagen der Bundesländer-Sanitätsbehörden. In Wien wurde vorsorglich das Grippe-Meldesystem aktiviert. In Österreich wurden bisher sieben A(H1N1)-Erkrankungen der neuen Influenza registriert.

Für die steirische Landessanitätsdirektion sei Warnstufe 6 "kein Grund zur erhöhten Sorge", so der Leiter Odo Feenstra am Freitag zur APA. Die Krankheit an sich habe sich ja nicht geändert, sondern die vermehrte Ansteckung in Nordamerika und nun auch Australien. Außerdem sei man in der Steiermark "gut aufgestellt", weshalb keine zusätzlichen Maßnahmen getroffen werden müssten.

Salzburg sei gut vorbereitet - allein schon aufgrund der Vorkehrungen, die man ehemals für die Vogelgrippe vorgesehen habe. Es gelte der Influenza-Pandemieplan, seit April habe sich nichts geändert, so Robert Sollak von der Landessanitätsdirektion. Der Krisenstab wäre informiert, auch in den Landeskrankenanstalten sei ein Krisenstab eingesetzt, betonte Sollak. Man werde weiter beobachten, glaube aber nicht, dass eine Pandemie ausbrechen werde. Jener Salzburgerin, bei der Mittwochabend eine Erkrankung festgestellt worden sei, gehe es gut. Sie wurde aus dem Krankenhaus entlassen. Bei den Kontaktpersonen hatten sich keine Krankheitszeichen gezeigt.

Die oberösterreichische Gesundheitslandesrätin Silvia Stöger (S) erklärte, die bereits gesetzten Vorsorge-Maßnahmen würden nun verstärkt und weiter aufgebaut. Die Sensibilität werde weiter erhöht. In Oberösterreich sei man im Zusammenhang mit der neuen Grippe ohnehin schon einen Schritt voraus gewesen. Die für derartige Fälle vorgesehenen Pläne der Landessanitätsdirektion seien aktiviert worden. Die Information an die zuständigen Ärzte, Behörden und Apotheken sei bereits erfolgt. Die Versorgung der Bevölkerung mit den nötigen Medikamenten sei sichergestellt worden. Die Katastrophenpläne der Spitäler mit - unter anderem - Bereitschaften von Ärzten seien ausgelöst und Rückmeldungen darüber verlangt worden. Die Meldepflicht über mögliche Erkrankungen bleibe natürlich weiter aufrecht. Auch die Reiseinformation sei schon per 27. April angelaufen.

Gelassen nahm man in Wien die Entscheidung der WHO auf. "Für uns in Wien hat sich nichts geändert", unterstrich Landessanitätsdirektorin Karin Spacek. Die Krisenstäbe seien ja bereits seit längerem aktiviert. Schließlich habe man seit April nur zwei bestätigte Fälle von Schweinegrippe verzeichnet und derzeit keinen neuen Verdachtsfall. Zur Sicherheit wurde nun noch das jährliche Grippemeldesystem, in dessen Rahmen eine Gruppe von Ärzten ihre jeweiligen Grippefälle verlautbart, die dann statistisch hochgerechnet werden, aktiviert. So könne man einen etwaigen Anstieg der Grippezahlen möglichst früh erkennen. Derzeit gelte aber jedenfalls: "Wir haben eine sehr ruhige Situation."

Bisherige Maßnahmen bleiben

In Kärnten ändert sich trotz Ausrufung der höchsten Pandemie-Warnstufe durch die WHO vorerst nichts. Die bisherigen Maßnahmen wie Meldepflicht oder Isolation des Patienten im Fall des Falles bleiben aufrecht. "Wir warnen vor einer Panikmache", sagte Arnold Gabriel, Büroleiter von Gesundheitslandesrat Peter Kaiser (S).

Im Burgenland hat bereits bei der Ausrufung der WHO-Pandemiestufe Fünf im April der Landespandemiestab getagt. Ihm gehören Vertreter des Landes sowie vom Roten Kreuz, der Ärztekammer und der Apothekerkammer an. Ein Pandemieplan liege griffbereit in der Schublade, hieß es aus dem Büro von Gesundheitslandesrat Peter Rezar (S). Zur Vorbeugung wurde außerdem bereits vor zwei bis drei Jahren eine entsprechende Menge an Tamiflu angekauft. Ein Anlass dazu sei damals die Vogelgrippe gewesen.

In Vorarlberg gab es bisher keinen Fall von Neuer Grippe. In Abstimmung mit dem Ministerium liege der Hauptfokus derzeit weiter auf der frühen Erkennung eines Verdachtfalls und der raschen Isolation des betroffenen Kranken, erklärte der Vorarlberger Landessanitätsdirektor Elmar Bechter. Wer im Urlaub in Länder reise, wo größere Infektionsketten bekannt seien, solle auf gute Händehygiene achten und Massenveranstaltungen möglichst meiden. Wer mit Grippesymptomen aus dem Urlaub zurückkehre, müsse sofort zum Arzt, so Bechters dringende Empfehlung. Eine Reisewarnung gebe es noch für kein Land. Ob in der Sommerzeit die große Grippewelle anrollen wird, lasse sich schwer sagen. "Wir konnten bisher in Österreich die Übertragung stets gut eingrenzen", erklärte Bechter.

Nachdem es in Österreich zu keinen weiteren Erkrankungen bei der "Neuen Grippe" genannt "Schweinegrippe" gekommen sei, seien keine weiteren Maßnahmen notwendig, erklärte der niederösterreichische Landessanitätsdirektor Alfred de Martin am Freitag. Trotz der von der WHO am Donnerstag ausgerufenen höchsten Warnstufe 6 seien keine zusätzlichen Vorkehrungen notwendig. Die Lage werde weiterhin überwacht, neu Erkrankte würden gemeldet und abgesondert.

Deutsche Ministerin besorgt

 

Die deutsche Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat sich besorgt über ein mögliches Zusammentreffen der Schweinegrippe mit der normalen Grippe im Herbst gezeigt. "Alles ist noch unter Kontrolle", sagte die Ressortchefin am Freitag in Berlin. "Wenn dieses Virus zusammenkommt mit der saisonalen Grippe und wenn es dann Mutationen geben könnte, das ist eher das, was uns Sorgen macht", sagte sie. "Deshalb hoffen wir ja, dass bis dahin eine Impfstoffproduktion auf den Weg gebracht wurde, damit man dann für den Fall der Fälle wirklich gesichert ist", fügte sie hinzu.

Beruhigt zeigte sich die Ministerin darüber, dass die Produktion von Impfstoffen für die saisonale Grippe rechtzeitig abgeschlossen werden kann. Einen Impfstoff gegen die neue Influenza werde es wahrscheinlich erst im Herbst breiter verfügbar geben. Dann könnten bis zu 4,9 Milliarden Einzeldosen weltweit produziert werden. Bis Mitte Juli solle international über Impfplanungen entschieden werden.

Mit der Herstellung eines Impfstoffs gegen die Schweinegrippe kann aus Sicht des deutschen Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) umgehend begonnen werden. Die Produktion von Impfstoff für die saisonale Grippe sei abgeschlossen, sagte eine Institutssprecherin am Freitag. Alle Hersteller hätten inzwischen das sogenannte Saat-Virus mit dem abgeschwächten Erreger der neuen Schweinegrippe von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bekommen. Das Paul Ehrlich-Institut in Langen bei Frankfurt ist in Deutschland für die Freigabe von Impfstoffen zuständig. Für den deutschen Markt produzierten die Unternehmen Novartis in Marburg und GlaxoSmithKline in Dresden die Vakzine.

Zwei Schutzimpfungen nötig

Zum Schutz vor der Schweinegrippe seien zwei Impfungen nötig, weil es sich um einen ganz neuen Virustyp handle, sagte die PEI-Sprecherin. Für welche Personengruppen sie empfohlen werde, werde erst entschieden, wenn der Impfstoff fertig ist. Gegen die gewöhnliche, saisonale Grippe wird die Impfung unter anderem für ältere Menschen und für solche Personen empfohlen, die in Kontakt mit vielen Menschen kommen. Wahrscheinlich werde für viele Menschen die Impfung gegen beide Grippe-Arten empfohlen, meinte die PEI- Sprecherin.

In Frankreich hält die Regierung die Einführung der Warnstufe 6 wegen der Schweinegrippe durch die WHO noch für verfrüht. Paris werde bei der bisherigen Stufe 5 bleiben, bekräftigte Gesundheitsministerin Roselyne Bachelot am Freitag in Paris. Demnach gibt es bisher 80 Fälle der Grippe in Frankreich. Dies rechtfertige noch keine "drakonischen Maßnahmen", sagte Innenministerin Michele Alliot-Marie.(APA/dpa/AFP)