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Lange Schlangen vor Irans Wahllokalen.

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Teheran – Bei der im Westen mit Spannung verfolgten Präsidentenwahl im Iran zeichnet sich ein regelrechter Wähleransturm ab. Seit Öffnung der Wahllokale am Freitag um 08.00 Uhr Ortszeit (05.30 Uhr MESZ) sei der Andrang der Stimmberechtigten in Teheran und im übrigen Land beispiellos groß, sagte der Chef der Wahlkommission im iranischen Innenministerium, Kamran Daneshjou. Statt wie vorgesehen bis 18.00 Uhr Ortszeit (15.30 Uhr MESZ) würden die Wahllokale möglicherweise bis nach Mitternacht geöffnet bleiben. Die offiziellen Wahlergebnisse sollten laut Daneshjou binnen 24 Stunden nach Schließung der Wahllokale vorliegen.

Reformer könnte profitieren

Eine hohe Wahlbeteiligung könnte laut Beobachtern dem aussichtsreichsten Herausforderer von Amtsinhaber Mahmoud Ahmadi-Nejad (52) zugutekommen, da Reformbefürworter bei der Präsidentenwahl vor vier Jahren eher nicht gewählt hätten. Der 67-jährige Ex-Regierungschef Mir-Hossein Moussavi will die Beziehungen zum Westen verbessern, die wegen des kompromisslosen Festhaltens des Iran an seinem umstrittenen Atomprogramm angespannt sind. Daher verfolgen Europa und die USA sowie Israel die Wahl äußerst aufmerksam und hoffen auf einen Wandel.

Der frühere Präsident und scharfe Ahmadinejad-Kritiker Ali Akbar Hashemi Rafsanjani sprach sogar von einer Schicksalswahl. "Diese Wahl ist eine der wichtigsten in der Geschichte des Landes und wird definitiv die künftige Rolle des Irans in der Welt wesentlich beeinflussen", sagte der moderate Kleriker, der Moussavi unterstützt. "Jede einzelne Stimme zählt!" Erwartet wurde ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Favoriten. Sollte keiner mehr als die Hälfte der Stimmen erhalten, findet kommenden Freitag (19. Juni) eine Stichwahl statt. Stimmberechtigt waren rund 46 Millionen Iraner.

Lange Schlangen vor Wahllokalen

Vor mehreren Wahllokalen in Teheran bildeten sich bereits wenige Stunden nach Wahlbeginn lange Schlangen. Neben Ahmadi-Nejad und Moussavi kandidieren der frühere Parlamentspräsident Mehdi Karroubi sowie der einstige Chef der Revolutionsgarden, Mohsen Rezaie. Von den 475 Bewerbern für die Präsidentschaftswahl hatte der Wächterrat nur vier zugelassen. Bei seiner Stimmabgabe in einer Moschee in Teheran erklärte Moussavi in Begleitung seiner Frau Sahra Rahnaward: "Der Wählerenthusiasmus zeigt den Wunsch nach einem Wandel im Iran." Mit der Hochschullehrerin kann er bei Wählerinnen und jungen Wählern punkten: Sie ist eine Verfechterin von Frauenrechten in dem islamischen Staat.

Kurz nach Beginn der Präsidentschaftswahl hatte der oberste geistliche Führer des Landes, Ayatollah Ali Khamenei, die Bevölkerung zu einem friedlichen Urnengang aufgerufen. Die Beteiligung an der Abstimmung sei "ein Recht und eine Pflicht" des Volkes, sagte er bei der Stimmabgabe. Bei der Wahl sollten jegliche Versuche verhindert werden, "Spannungen in den Wahllokalen" zu erzeugen. Der Ayatollah hatte sich vor der Wahl wiederholt zugunsten des ultrakonservativen Amtsinhabers Ahmadi-Nejad ausgesprochen.

Warnung vor Manipulation

Moussavi warnte indes vor Wahlmanipulation. Es gebe "Zeugnisse über Einflussnahme" von Mitgliedern der Revolutionsgarden und der islamischen Miliz Basij, schrieb er in einem Brief an Ayatollah Khamenei, der auf seiner Wahlkampf-Website veröffentlicht wurde. "Solche Akte, wenn sie sich bestätigen, stellen einen Gesetzesverstoß dar" und würden zu Spaltungen in den Reihen der Revolutionsgarden und der Basij führen, warnte er. Die Revolutionsgarden forderten Moussavi auf, Beweise vorzulegen oder sich für seine Anschuldigungen zu entschuldigen, wie die iranische Nachrichtenagentur Fars meldete.

Beklagt wurde zudem, dass es in Teheran und anderen Großstädten seit Donnerstagabend nicht mehr möglich sei, SMS-Nachrichten per Handy zu versenden. Das Kommunikationsministerium bestätigte, dass das Netz seit Mittwoch außer Betrieb sei. Die Ursachen würden noch untersucht. Besonders jüngere Iraner unter 30, die gut ein Drittel der Wahlberechtigten ausmachen, unterstützen Moussavi. Die Verständigung per Handy war gerade für ihre Mobilisierung wichtig. (APA/AFP/Reuters)