Faris Badwan und The Horrors: verhalltes Schlagzeug, kreischende Gitarren, pumpender Bass, spukige Orgeln.

Foto: XL Recordings / Edel

Mit ihrem 2007 erschienenen Debütalbum Strange House versuchte sich das in London beheimatete Quintett um Sänger Faris Badwan an einer historischen Sichtung abgelebter Stile wie Gothic und Garage Rock aus den 1980er- und 1960er-Jahren. Es wurde dafür von renommierten Medien wie The Guardian als "Witzband" klassifiziert. Der kommerzielle Erfolg war trotz schicker Model-Freundinnen und eines regelmäßigen Auftauchens der Band in den Klatschspalten sehr bescheiden.

Dass sich The Horrors zwei Jahre später nicht unbedingt neuerfinden, allerdings erheblich Richtung Ernsthaftigkeit entwickeln, hat vor allem mit zwei Menschen zu tun. Der britische Videoregisseur Chris Cunningham, bekanntgeworden mit herausragenden experimentellen Kunstclips für Größen wie Aphex Twin oder Björk, hat seine musikalische Ader auch als Produzent entdeckt.

Und Geoff Barrow, der Mann hinter der düsteren britischen TripHop-Institution Portishead, packte für das neue Album Primary Colours nicht nur seine Sammlung antiker Tasteninstrumente aus dem Fachgebiet Soundtracks alter britischer Horrorfilme aus. Sorgte er zuletzt schon mit Portishead selbst und den teilweise radikalen Soundstudien für deren Arbeit Third für Aufsehen, so legt Barrow jetzt seine Verstörungstechnik auch auf das Genre Rock um.

Auf Basis der alles bestimmenden Bassgitarre und eines scheppernd-verhallten Postpunk-Schlagzeugs bauscht Barrow die eher schlichten Songideen der Band zu beeindruckenden Hommagen an die frühen und mittleren 80er-Jahre auf. Neben The Cure, Bauhaus, Echo & The Bunnymen oder Siouxie & The Banshees stehen vor allem auch die großen Noise-Rocker The Jesus And Mary Chain oder wiederbelebte Shoegazer-Bands wie My Bloody Valentine Pate.

Infernalisches Gitarrengekreische, pumpende Bässe, Spukschlossorgeln, hühnerbrüstige Drums. Dazu ein Gesang, der sich tapfer verschnupft am Leiden an der Welt abarbeitet. Das alles ergibt in Summe eine alarmistische Musik, die vor allem von sehr jungen Menschen ohne pophistorische Vorbildung geschätzt werden dürfte. Interessant dabei: Im konzeptuellen Sinn scheinen sich The Horrors wenig um das traditionelle Songformat zu scheren. Kaum einmal ein nennenswerter Refrain, kaum ein dynamischer Aufbau innerhalb der länglichen Riffübungen, kaum einmal eine Textzeile, die hängenbleibt - wie die Texte, die, ganz allgemein gesagt, in Zusammenhang mit all dem dräuenden klanglichen Unheil einigermaßen unterbelichtet wirken.

Bei entsprechender Lautstärke, einem heute ebenfalls in Vergessenheit geratenden zusätzlichen Stilmittel, funktioniert das alles allerdings ganz prächtig. (Christian Schachinger / DER STANDARD, Printausgabe, 12.6.2009)