Beirut - Nach dem Wahlsieg seiner pro-westlichen Zukunftsbewegung vor vier Jahren begnügte sich Saad al-Hariri mit der Rolle des Mehrheitsführers im Parlament. Regierungschef in Beirut wurde Fouad Siniora, ein langjähriger politischer Weggefährte seines ermordeten Vaters Rafik al-Hariri. Nachdem der jüngere Hariri-Spross bei der Wahl am vergangenen Sonntag seinen Erfolg überraschend wiederholen konnte, gilt er nun als natürlicher Anwärter auf den Posten des libanesischen Ministerpräsidenten.

Dabei interessierte den als diplomatisch bekannten Hariri-Sohn die Politik ursprünglich nicht sonderlich. Lieber machte er sein Geld als Chef einer Firma, die sein Vater in Saudi-Arabien aufgebaut hatte. In Riad lebte er mit Frau und Kindern, protegiert vom befreundeten saudiarabischen Königshaus.

Mit dem Attentat auf seinen Vater am 14. Februar 2005 änderte sich das schlagartig. Saad al-Hariri wandte sich der Politik zu und widmete sich der Suche nach den Hintermännern des Anschlags. Die Einrichtung des UN-Sondertribunals, das seit dem 1. März in Den Haag die Hintergründe des Attentats aufklären soll, begrüßte er als "Stunde der Wahrheit und der Gerechtigkeit". Zehntausende jubelten ihm zu.

Es ist sein politisches Erbe. Sein Vater galt vielen als Architekt des Wiederaufbaus nach dem Ende des verheerenden libanesischen Bürgerkriegs (1975-1990). Das Attentat markiert gleichsam eine Zeitenwende. In den hoch gewachsenen Saad al-Hariri setzen viele Landsleute Hoffnungen, er könne sich als würdiger Erbe von Rafik al-Hariri erweisen. Das Land ist nach wie vor tief gespalten zwischen pro-westlichen und pro-syrischen und -iranischen Kräften. Auch wenn die akute Gefahr zunächst gebannt ist, droht dem Libanon weiter die Instrumentalisierung durch die großen Regionalmächte Syrien und Iran, die beide die schiitische Hisbollah päppeln.

Als Mehrheitsführer im Parlament wurde Saad al-Hariri zu einem der schärfsten Kritiker des pro-syrischen Präsidenten Emile Lahoud. Unerschrocken bezeichnete Hariri die Führung in Damaskus als "Mörderregime". Von Syriens Präsident Bashar al-Assad wurde er daraufhin als "Diener seiner (westlichen) Herren" tituliert.

Syrien galt lange als der Drahtzieher hinter dem Hariri-Attentat. Inzwischen nennt die Untersuchungskommission allerdings keine konkreten Verdächtigen mehr, sondern spricht nur noch von einem "kriminellen Netzwerk". Bei dem Attentat in Beirut waren neben Hariri 22 weitere Menschen ums Leben gekommen. Zuletzt hatten Kreise im Umfeld des zuständigen UN-Tribunals den Verdacht geäußert, nicht Syrien, sondern die schiitische Hisbollah stecke hinter dem Attentat.

Der Westen, insbesondere die USA, hofierten Saad al-Hariri schon wie den eigentlichen Staatschef, noch während er nur die Fäden im Hintergrund zog. Vor der Wahl am Sonntag war die Angst groß, die Hisbollah könnte alle Hoffnungen zunichte machen und das Land noch tiefer in die Krise stürzen als nach dem Anschlag von 2005, in dessen Folge zahlreiche pro-westliche Persönlichkeiten im Libanon Opfer von Anschlägen wurden.

Es waren die Jahre der Bewährung für Saad al-Hariri. Erfahrungen konnte der mit einer syrischstämmigen Frau verheiratete Vater zweier Kinder in den vergangenen vier Jahren ausreichend sammeln. Zudem verfügt der 39-Jährige über gute Kontakte im Nahen Osten, insbesondere nach Saudi-Arabien. Er hat auch die saudi-arabische Staatsbürgerschaft. Die Parlamentswahlen bezeichnete er bei einer Kundgebung als "unser Rendez-vous mit der Entscheidungsfreiheit, der freien Meinungsäußerung, dem freien Vaterland". (APA/AFP)