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Premier Dombrovskis warnt vor Kollaps. Foto: EPA

Foto: APA/EPA/Inga Kundzina

Wien - Die von Lettland ausgehenden Spannungen treffen auch andere Länder in Osteuropa mit Währungsanbindung an den Euro, von einem Flächenbrand kann aber keine Rede sein. So umreißt David Hauner, Chefökonom für CEE bei der Bank of America, im Gespräch mit dem Standard die von einem drohenden Staatsbankrott des baltischen Staates verursachten Turbulenzen. Seit Tagen verschärft sich der Druck auf die Landeswährung Lat, Spekulationen über eine bevorstehende Abwertung machen die Runde.

Die Notenbank versucht die Anbindung des Lat an den Euro mit einer Bandbreite von plus/minus ein Prozent mit Interventionen zu halten, doch die Reserven sind enden wollend: In der Vorwoche pumpte sie die Rekordsumme von 237,3 Mio. Euro in die Devisenmärkte, insgesamt wurden heuer für die Stabilisierung des Lat schon mehr als 900 Mio. Euro aufgewendet. Die Währungsreserven der Zentralbank sind mittlerweile auf knapp drei Mrd. Euro geschmolzen.

Ökonom Hauner weist auf die Gefahr anderer Länder mit Euro-Wechselkursbindung hin - etwa für Estland, Litauen und Bulgarien. Sollte Lettland überraschend abwerten, würden auch diese Staaten massiv unter Druck geraten. Investoren preisen das Risiko bereits ein: Während sich die Finanzmärkte in Osteuropa in den vergangenen Wochen generell in stabiler Verfassung präsentierten, schätzen Investoren das Risiko eines Kollapses in den Staaten mit fixer Währungsanbindung wieder höher ein. Das lässt sich am Kurs der Credit Default Swaps (CDS) - Absicherungen gegen den Ausfall von Staatsanleihen - ablesen: Lettlands Risiko schoss um 60 auf 745 Basispunkte, Estland von 300 auf 370, Litauen um 100 auf 475 Punkte. Auch Kroatien mit seiner zum Euro ebenfalls stabilen Kuna und Bulgarien wird ein höheres Ausfallsrisiko attestiert.

Hauner rechnet freilich nicht mit dem Chaos. "Es wäre verrückt, den Lat abwerten zu lassen und die Probleme der anderen Länder mit festen Wechselkursen nicht zu adressieren", meint der Experte. Er rechnet vielmehr mit einer konzertierten Aktion der EU und des Internationalen Währungsfonds.

Die Kosten des Currency bords steigen indes: Der lettische Zinssatz, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen, explodierte laut Reuters-Daten auf einen neuen Rekordwert von 16,8 zu 21,6 Prozent. Das Land will mit den hohen Zinsen eine Abwertung verhindern und argumentiert die Strategie mit der drohenden Inflation. Die Teuerung ist im Mai auf 4,7 Prozent gefallen, nachdem im Vorjahr noch zweistellige Raten verzeichnet worden waren. Die Mehrheit der Ökonomen hält eine Abwertung angesichts eines Wirtschaftsrückgangs im zweistelligen Prozentbereich für unvermeidbar.

Was Zentraleuropa für Österreichs Banken ist, ist das Baltikum für Schweden. Die Kurse der in den Ländern dominierenden Institute Swedbank, SEB, Nordea und Handelsbanken büßten entgegen dem internationalen Trend seit Anfang Mai mehr als 40 Prozent ein. Eine Abwertung des Lat würde den schwedischen Kreditapparat stark treffen, weil ein Gutteil der Ausleihungen in Euro vergeben wurden. Die Anpassung der Währung würde die Rückzahlung für die Kreditnehmer verteuern und wohl zu hohen Ausfällen führen, meinen Ökonomen. Vorerst trifft es freilich die schwedische Krone selbst, die ihre Talfahrt am Montag fortsetzte und 0,4 Prozent zum Euro verlor.(Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.6.2009)