Würde sich von der Polizei abführen lassen: Chris

Foto: derStandard.at, Sterkl

Die Fanzone trieb sie vom Burggarten hierher: Alexandra

Foto: derStandard.at, Sterkl

Hat Verständnis für die Wirtschaft: Martin (i.B.ganz rechts)

Foto: derStandard.at, Sterkl

"Was, wirklich? Oarg", sagt Chris und schüttelt den Kopf. „Dabei wollten wir uns in Kürze ein Bier checken." Das Museumsquartier sei zwar sein „Wohnzimmer", von der neuen Hausordnung hat er dennoch nichts gehört: Dass nun kein mitgebrachter Alkohol im MQ mehr konsumiert werden darf, findet er „schlimm": „Das ist Geschäftemacherei." Hierher kämen junge Menschen mit wenig Geld. Und für die gebe es ohnehin zu wenig Platz. Außerdem seien die MQ-Bierpreise überteuert. Chris werde also weiterhin sein Dosenbier hier genießen und „Widerstand leisten: Wenn sie mir die Polizei herschicken, lasse ich mich abführen."

Zentral und ruhig

Weniger protestfreudig ist Alexandra, die gerade mit einem Plastiksackerl voller Bierdosen ein gelbes Enzi ansteuert. „Dann gemma eben wieder in den Burggarten", schlägt sie Freund Wolfi vor. Dort seien sie während der Fußball-EM durch die Fanzonen-Gastronomie verscheucht worden - seither kämen sie hierher, und zwar gerne. „Es ist so zentral und so ruhig."

Dass kein Konsumierzwang herrscht, sei das Hauptargument: „Im Lokal da drüben kostet ein Bier drei Euro neunzig. Um das Geld hab ich im Supermarkt gerade vier Dosen gekauft", rechnet sie vor. Diese wird sie später ordnungsgemäß entsorgen, denn „wie es da ausschaut, ist echt nicht normal." Die Menschen seien „zu faul, ihren Müll ordentlich wegzuschmeißen", pflichtet sie dem MQ-Management bei. Alexandra hätte aber eine andere Lösung fürs Abfallproblem: „Einen Mistkübel für jeden Enzi." Alles besser als das Dosenbier-Verbot: "Wollen sie uns alles verbieten, was Spaß macht? Wir leben doch in einer Demokratie."

Tourist kauft Standlbier

„Früher war ich gern da", erzählt Martin, und nippt am Pfandbecher. „Selbstverständlich" habe er nur Dosenbier getrunken. „Ich war ja Österreicher. Die Standln sind für Touristen. Jetzt bin ich Tourist, also trinke ich Standlbier", erklärt der Exil-Wiener aus Maastricht, der auch Mitleid für die Unternehmerschaft aufbringt: „Vielleicht sind die Mieten ja so teuer, dass die Lokale eingehen würden, wenn alle nur ihr eigenes Bier konsumieren", glaubt er. Sein Freund Daniel schüttelt den Kopf: „Ich glaube nicht, dass nachher mehr Leute an die Bar gehen werden. Die Leute werden einfach verscheucht." Ob das Verscheuchen der herumlungernden Dosenbier-Klientels vielleicht auch im Sinne des Wiener Tourismus sei? „Vielleicht schon", glaubt Martin. Daniel, selbst Wien-Tourist aus Deutschland, widerspricht heftig: „Das Flair" einer Stadt wolle er spüren, sagt er: „Eine supersaubere Stadt interessiert mich nicht. Da kann ich ja gleich in den Center Parc fahren." (mas, derStandard.at, 8.6.2009)