Die Freiheitlichen hatten die EU-Wahl offensichtlich als Testlauf für die aus ihrer Sicht wesentlich bedeutendere Wien-Wahl gesehen: Die Hetze gegen den Islam war quasi ein Warmlaufen für die Schlacht um die Bundeshauptstadt. Hans-Peter Martin hat ihnen da gehörig einen Strich durch die Rechnung gemacht: Den Protestwählern wurde ein Alternative zu den Rechtsradikalen geboten. Wer den rechten Rülpsern nichts abgewinnen konnte, aber gegen die Regierung wählen wollte, konnte Martin und damit gewissermaßen die liebste Zeitung der Österreicher wählen.

Für den Wiener Bürgermeister Michael Häupl ist das kein Trost. Ein Hans-Peter Martin fehlt in Wien, hier besteht eher die Gefahr, dass das immer größer werdende Potenzial der Protestwähler mangels Alternativen nach rechts abdriftet.

Häupl kennt seinen Gegner in Wien: Man kann sich fragen, ob es schlau war, sich dezidiert auf ein Duell um Wien einzulassen und Strache damit aufzuwerten, realistisch ist es in jedem Fall. Die ÖVP spielt in der Bundeshauptstadt de facto keine tragende Rolle.

Auch in Oberösterreich, wo die nächsten Wahlen stattfinden, stellt sich der Umgang mit der FPÖ als Herausforderung für ÖVP und SPÖ dar. Erich Haider, SP-Landeschef in Oberösterreich, muss sich zudem mit einem anderen Phänomen auseinandersetzen: dass der Kanzler und sein Parteichef in Wien, Werner Faymann, bisher jede Wahl verloren hat. Und das droht abzufärben. Mit Haider werden wohl auch andere rote Landeschefs auf Distanz zu Wien gehen. (Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe, 8.6.2009)