Wien - Die Grünen erleiden bei der EU-Wahl, heute, Sonntag den größten Verlust auf Bundesebene seit ihrem Bestehen. Rund 3,5 Prozentpunkte Minus (auf 9,4 Prozent) weisen die Hochrechnungen für die erste Wahl mit Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek aus. Bisher bescherten ihnen die EU-Wahlen stets Wahlerfolge - regelmäßig überboten sie mit ihrem früheren Spitzenkandidaten Johannes Voggenhuber auch die Ergebnisse der vorigen Nationalratswahlen. Die EU-Wahl reiht sich allerdings in eine Serie von Verlusten: Bei allen bisher fünf Landes- und Bundeswahlen 2008 und 2009 mussten die Grünen ein Minus hinnehmen - in Tirol vor einem Jahr sogar ein größeres als heute.

Beim EU-Urnengang 2004 nahmen die Grünen mit 12,9 Prozent erstmals auf Bundesebene die Zehn-Prozent-Schwelle. Dies gelang ihnen dann auch bei der Nationalratswahl 2008 mit 10,4 Prozent - bei der heutigen EU-Wahl schneiden sie laut den Hochrechnern wieder nur mehr einstellig ab.

Den bisher größten Einbruch um 2,5 Prozentpunkte (auf 4,8 Prozent) erlitten die Grünen bei der Nationalratswahl 1995, wo sie in der von der ÖVP initiierten Neuwahl in der scharfen Auseinandersetzung zwischen SPÖ und ÖVP auf der Strecke blieben.

Landtagswahlen

Bei Landtagswahlen haben die Grünen schon zwei Mal mehr als 3,5 Prozentpunkte verloren. So brachen sie bei der Landtagswahl in Tirol vor fast genau einem Jahr um 4,9 Prozentpunkte (auf 10,7) ein. Und in Vorarlberg schrumpften sie nach dem sensationellen Ergebnis von 13 Prozent bei ihrer ersten Landtagswahl 1984 fünf Jahre später um 7,8 Prozentpunkte.

Die heutige Wahlschlappe der Grünen ist die sechste in Serie - und die dritte unter der neuen Parteichefin Eva Glawischnig. Nach durchgehenden Wahlsiegen von 1999 bis 2004 - wo sie unter Parteichef Alexander Van der Bellen ihre Wählerschaft verdoppelt haben - gab es schon 2005 bei den Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland erstmals wieder Rückgänge im Stimmenanteil. Bei der Wiener Wahl 2005 und der Nationalratswahl 2006 konnten die Grünen wieder zulegen. Aber bei den NÖ- und Tiroler Wahlen sowie der NR-Wahl 2008 und den heurigen Landtagswahlen in Kärnten und Salzburg verloren die Grünen im Stimmenanteil wieder. 

Glawischnig sieht Arbeitsauftrag

Die Ergebnisse seien ein "Arbeitsauftrag, die Dinge einfach besser zu machen", sagte Bundesobfrau Eva Glawischnig zum Ausgang der EU-Wahl. Glawischnig betonte aber, dass Wahlergebnisse bei den Grünen immer sehr knapp seien und sie deshalb auf das zweite Mandat hoffe.

Angesprochen darauf, dass die Grünen seit der Übernahme der Parteiführung durch Glawischnig bei allen wichtigen Wahlen verloren haben, meinte sie: Das stimme sie "nachdenklich", jedoch überwiege der Optimismus. Sie sei für zwei Jahre gewählt worden und werde in dieser Zeit den Grünen "ohne Wenn und Aber" zur Verfügung stehen.

Van der Bellen: Wahl "zu wenig ernst genommen"

Alexander Van der Bellen, Vorgänger Glawischnigs als Parteichef und außenpolitischer Sprecher der Grünen, glaubt hingegen, dass die grüne Partei die Wahl "zu wenig ernst genommen hat".

Er betonte gegenüber Journalisten: "Wir sind unter unserem Wert geschlagen worden." Er hoffe, dass das zweite Mandat gehalten werden könne, aber "dass es so knapp wird, ärgert mich schon".

Ob die Grünen bei einer Teilnahme des scheidenden EU-Mandatars Johannes Voggenhuber ein besseres Ergebnis einfahren hätten können, wollte Van der Bellen nicht beantworten. "Ich bitte niemanden händeringend um sowas." Es sei "sinnlos, sich über das den Kopf zu zerbrechen". (APA)