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Längstdienender Premier der EU: Jean-Claude Juncker.

Foto: REUTERS/Jonathan Ernst (UNITED STATES POLITICS BUSINESS)

Luxemburg - Dass der am längsten amtierende Premier in der EU auch nach diesem Sonntag weiter regieren würde, stand schon vor Öffnung der Wahllokale im Großherzogtum Luxemburg fest: Jean-Claude Juncker, seit 1995 im Amt, ist populär, seine Christlich-Soziale Volkspartei (CSV) führte alle Umfragen an. Eines kündigte der 54-jährige Regierungschef auch schon vor der Parlamentswahl an, die zeitgleich mit der Europawahl stattfand: Er werde sein zusätzliches Amt als Finanzminister aufgeben.

Ob Juncker damit automatisch auch seinen Sessel als Vorsitzender der Euro-Gruppe räumt, blieb offen. „Es ist möglich, dass ich für die Währungspolitik verantwortlich bleibe", sagte Juncker, „in der Eurogruppe sitzen nicht nur Finanzminister". Tatsächlich hatte sich schon Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy zu Beginn der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft als Vorsitzender der Eurogruppe ins Spiel gebracht. Paris sieht in dem Gremium das Potenzial für eine Art EU-Wirtschaftsregierung.

Junckers Christlich-Soziale Volkspartei (CSV) wurde bei der Parlamentswahl am Sonntag noch stärker als bisher: Sie bekam laut einer RTL-Hochrechnung 38,1 (2004: 36,1) Prozent der Stimmen. Im 60 Abgeordnete zählenden Parlament wuchs die CSV-Präsenz von 24 auf 26 Mandate.

Es gilt als wahrscheinlich, dass Juncker - der zugleich Ministerpräsident und Finanzminister ist - die Koalition mit den Sozialdemokraten (LSAP) fortsetzen wird. Die Partei von Außenminister Jean Asselborn erlitt allerdings mit 21,3 (23,3) Prozent der Stimmen Einbußen und musste um den Erhalt der bisherigen 14 Parlamentsmandate bangen. Asselborn sagte am Abend, seine Partei wolle sich erst nach Vorliegen des Endergebnisses zur Fortsetzung der Koalition äußern.

In Luxemburg, dem nach Malta kleinsten Land der Europäischen Union, soll nun der bisherige Haushaltsminister Luc Frieden Finanzminister werden. Der 45-jährige Frieden gilt auch als Anwärter auf das Amt des Premiers, sollte Juncker tatsächlich einmal nach Brüssel gehen. Vor fünf Jahren war Juncker noch der Wunschkandidat vieler EU-Länder für das Amt des Kommissionspräsidenten; damals lehnte er ab.

Koalition mit Sozialisten

In Luxemburg will Juncker die Koalition mit den Sozialisten (LSAP) von Außenminister Jean Asselborn weiterführen. Seine eigene Partei, die CSV, regiert mit kurzen Unterbrechungen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Großherzogtum. Grüne, Linke und Liberale sind im 60 Abgeordnete zählenden Parlament in der Opposition.
Wichtigstes Wahlkampfthema war die steigende Arbeitslosigkeit. War Stellenmangel im Fürstentum lange Zeit praktisch kein Thema, gingen zuletzt durch die Finanzkrise zahlreiche Arbeitsplätze in dem für das Land sehr wichtigen Bankensektor verloren. Für dieses Jahr wurde eine Arbeitslosenquote von 5,9 Prozent erwartet, im nächsten Jahr steigt sie wohl auf sieben Prozent. Auch die Rezession erreicht mit vier Prozent minus in diesem Jahr einen Rekord. Die Abhängigkeit vom Bankensektor beunruhigt nun viele Luxemburger - vor allem seit das Land Zugeständnisse beim Bankgeheimnis machen musste. (APA/AFP, red, DER STANDARD, Printausgabe, 8.6.2009)