Zuletzt hatte man den Eindruck, dass die Lohnrunden auf den Tribünenplätzen ausdiskutiert werden. Namhafte Industrievertreter hatten die einzelnen Verhandlungen - ob im Elektro-, Papier- oder IT-Bereich - mit diversen Forderungen torpediert: Von Nulllohnrunden, Verschiebungen, ja Not-Kollektivverträgen war abwechslungsweise die Rede. Die Gewerkschaft konterte mit viel Tamtam und ließ sogar ein wenig demonstrieren. Selbst Regierungsmitglieder schalteten sich in die sonst den Branchenvertretern vorbehaltene Debatte ein.

Die ist reichlich diffizil: Lohnverzicht hilft den Betrieben, die Krise zu meistern. Lohnverzicht kann aber den Konsum bremsen. Andererseits landen Einkommenszuwächse in schwierigen Zeiten tendenziell auf dem Sparbuch. Mit Lohnverzicht kann wiederum Arbeitsplatzabbau verhindert werden. Der erfolgt möglicherweise aber auch trotz Lohnverzichts. Kurz gesagt: So genau lässt sich nicht feststellen, ob Stimulierung des Konsums infolge höherer Einkommen die Kosten der Rationalisierungen der Betriebe überwiegt.

Während sich Sozialpartner-Spitzen und Politiker verbalen Ergüssen hingaben, kehrten die Kollektivvertragspartner an den Verhandlungstisch zurück. In der Elektrobranche liegt seit Donnerstag ein Ergebnis auf dem Tisch. Die Verhandler haben flexibel und innovativ auf die unterschiedlichen Gegebenheiten innerhalb der Industrie reagiert. Ihre Lösung ist ein Kompliment an die Krisenresistenz der Tarifparteien und Ohrfeige für die Zurufer von den Rängen zugleich. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6./7.6.2009)