Auffallen um jeden Preis - nach dieser von Strache sogar kreuzweise praktizierten Verkaufsmethode ließ sich nun auch "News" vom Blitz der Erkenntnis treffen. Schämt euch! schleuderte das Magazin auf dem Cover den Ewiggestrigen entgegen und versprach, lange nach vielen anderen Medien, der Frage auf den Grund zu gehen: Warum H.-C. Strache und Martin Graf eine Schande für Österreich sind.

Nun ist es für solchen Wissensdrang nie zu spät, aber die Intensität, mit der er an die Veröffentlichung drängte, ist schon bemerkenswert. Da wurde das Foto von einer Sitzung des deutschen Reichstages so hinretuschiert, dass der Platz des Präsidenten nicht mehr von Hermann "Maier" Göring, sondern von Martin Graf eingenommen wird, und der FPÖ-Führer als Reichskanzler Adolf auf Schrumpfstufe die Hand politisch korrekt zum dreifingrigen Strache-Gruß hebt.

Obwohl das Original mit Abendland in Christenhand wenig anzufangen wusste, tauchte sofort eine Frage auf, von der unklar blieb, ob sie sich auf den religiösen Tick des Duplikats oder auf die diesmalige Titelgeschichte von "News" bezieht: Übertriebene Satire oder bald schon Realität? Denn die Aufforderung an Strache, sich zu schämen, kommt angesichts der bisherigen Berichterstattung des Magazins ebenso spät wie überraschend. Niemand hat in den letzten Jahren öfter und genüsslicher den geistigen Ziehvater der rechten Sippschaft auf dem Cover gehabt als "News". Noch aus dem Jenseits musste er erst Mitte Mai mit einem Haider Coup herhalten, der darin bestand, dass sein Schwiegersohn von einem Politanbot für die Haider-Tochter faselte, dass diese längst abgelehnt hatte.

Vorige Woche durften Kanzler & Kirche auffordern: Stoppt den Hass Prediger, was allerdings eine Vorgeschichte hatte, wie der Chefredakteur verriet. Montag am späten Nachmittag besuchte dann Kanzler Werner Faymann kurzfristig die NEWS-Redaktion. Er hatte am Wochenende Strache als Hassprediger bezeichnet. Bei uns legte er noch einmal nach, präzisierte seine Vorwürfe und zollte Abt Fürnsinn für dessen Worte "tiefsten Respekt". Über die Vermittlung von NEWS ist damit eine Allianz der Guten und Aufrechten zustande gekommen. In einem gleichwertigen Interview durfte Strache dazu allerdings einschränkend feststellen: ,Kirche ist feige und mutlos.'

Wer diese Woche die "News"-Redaktion besuchte, blieb Redaktionsgeheimnis, es muss aber eine Art Golem gewesen sein, besann sich doch der Chefredakteur diesmal auf die Parole "Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!" Am besten dort, wo es am meisten wehtut: In keinem einzigen NEWS der vergangenen Wochen ist ein Werbesujet der FPÖ veröffentlicht worden. Warum? Weil wir von dieser Partei kein Geld wollen.

Für den Chefredakteur ist das weniger eine Frage der Askese als eine der Konsequenz. Es wäre inkonsequent gewesen. Man kann nicht Geld nehmen von jemandem, dessen Handeln man verachtenswert findet. Hingegen darf man ihm erlauben, in ausführlichen Interviews eben dieses Handeln und seine verachtenswerten Motive ohne spezielle journalistische Notwendigkeit auszubreiten, darf ihn oder andere Typen desselben geistigen Zuschnitts möglichst exklusiv auf die Titelseite heben, wann immer man sich davon ein Geschäft verspricht - aber das dann, ohne noch extra Geld zu nehmen. Man muss seine Leser für ganz schön blöd halten, wenn man glaubt, sie würden nicht durchschauen, wie in welchem Medium die Trennlinie zwischen Inserat und Journalismus verläuft - oder verschwimmt. Aber bitte, wenn's der Sache des Antifaschismus dient und man damit eine Allianz der Guten und Aufrechten zustande bringt! Der Redakteur, der in einer Aufdecker-Story über die schamlose FPÖ zusammenschrieb, was seit Wochen anderswo zu lesen war, wurde zum neuen Ipo-Chef befördert.

Das musste so sicher kommen, wie das Amen im Gebet. Ein deutscher Journalist stellt in einem neuen Buch irre Thesen auf: Haider-Unfall war Attentat. Und weil "Österreich" keine These irre genug sein kann, macht das Blatt nun - selbstverständlich ohne dafür Geld zu nehmen - Werbung für das Haider-Skandalbuch. Der Autor hat in dunklen Hinterzimmern von einschlägigen Lokalen in Klagenfurt recherchiert, wobei ihm "der Mund offen stehen blieb und ich mir vorzustellen versuchte, wie der Landeshauptmann" diesen Praktiken nachging. Welchen blieb dunkel: "Wenn, dann sind solche Spielchen wohl eher was für ausgedehnte Orgien." Kurz: "Es war ein politisch motivierter Mord." (Günter Traxler, DER STANDARD; Printausgabe, 6./7.6.2009)