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Archivbild des eingestürtzten Bergwerkstollen in Lassing

Foto: APA/Techt

Wien - Katastrophen tragen in der Erinnerung Ortsnamen. "Kaprun" steht für ein Seilbahnunglück. "Galltür", das war die Lawine. "Knittelfeld" - eine parteiinterne Katastrophe der anderen Art, auch sie wird weiterleben.

Lassing: kein Österreicher, der viereinhalb Jahre später an dem Grubenunglück vorbei denken kann, wenn die obersteirische Gemeinde genannt wird. Am Dienstag war wieder "Lassing", diesmal im Wiener Landesgericht, abermals sehr erschöpfend und wohl auch offiziell zum letzten Mal. In der Berufungsverhandlung ging es noch einmal um die zumindest symbolische Aufteilung und Bemessung von Verantwortung und Schuld.

Das Grubenunglück beherrschte (medial) den Sommer 1998. Der verschüttete Bergmann Georg Heinzel wurde nach neun Tagen lebend aus dem eingebrochenen Stollen geholt. Zehn Kumpel, die ihn gesucht hatten, blieben für immer unter der Erde, bedeckt von 7000 Kubikmeter Schlamm. Man war nach dem "Wunder Heinzel" aber nur zögerlich bereit, die Hoffnung für die anderen aufzugeben. Das machte aus dem Unglück ein dramaturgisches Schauereignis. Inzwischen hat man ein Mahnmal über dem Massengrab errichtet. Die Grube, an der 30 Bergleute beschäftigt waren, existiert nicht mehr. Lediglich eine Talkmühle ist erhalten geblieben.

Drei Schuldsprüche

Den unmittelbaren Schaden für die Lassinger Bevölkerung hatte man mit 3,5 Millionen Euro beziffert. Rund 20 Häuser waren zerstört oder schwer beschädigt worden. Die Betreiber, die Naintscher Mineralwerke, haben an die Hinterbliebenen, für Rettungskosten und für die Gebäudesanierung angeblich bereits knapp 25 Millionen Euro ausbezahlt, sagt Gabriel Lansky, der Anwalt der Werke.

Und dann sitzen da noch fünf Herren in der Anklagebank, teils im angedeuteten, teils im vollendeten Steireranzug. Drei von ihnen, so genannte Konzeptbeamte, waren in erster Instanz freigesprochen worden. Einer davon zu Unrecht, meint nun der Dreiersenat des Oberlandesgerichts. Jener Beamte, der den Betriebsplan gesehen, ein Konzept erstellt und den späteren Unglücksort besichtigt hatte, erhält wegen fahrlässiger Gemeingefährdung drei Monate bedingte Haft.

Acht Monate unbedingte Haft für Betriebsleiter An seinem Vorgesetzten bleibt die Katastrophe strafrechtlich schwer hängen. Hermann Schmidt, der Betriebsleiter der Naintscher Mineralwerke, wird zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, acht Monate davon unbedingt. (In erster Instanz war er im Juni 2000 mit 20 Monaten bedingt und einer Geldstrafe davon gekommen.) Bei Berghauptmann Wolfgang Wedrac wurde die Strafe von zehn Monaten Haft auf sechs Monate reduziert. Betriebsleiter Schmidt soll "über einen längeren Zeitraum hinweg zahlreiche Fehler" gemacht haben. So soll er sich beim Abbau seit 1993 nicht mehr an die Betriebspläne und den Notfallplan gehalten haben und auch nicht am "neuesten Stand der Technik und Wissenschaft" gewesen sein. Das Kartenwerk sei unzureichend gewesen, die Grube sei nicht einmal ordentlich vermessen worden.

Dem Leobener Berghauptmann Wedrac wurde eine "jahrelange Vernachlässigung der Prüf- und Aufsichtspflicht" attestiert. Er habe fünf Genehmigungsbescheide erteilt, ohne die entsprechenden Stellen besichtigt zu haben. Wie sich später herausstellte, war in Lassing zuletzt großteils "schwarz" abgebaut worden. Gegen die Urteile ist kein ordentliches Rechtsmittel mehr möglich. (Daniel Glattauer, DER STANDARD Printausgabe 20.3.2003)