Luxemburg/Brüssel - Ungeachtet eines möglichen Neuzuschnitts der luxemburgischen Regierung will Ministerpräsident Jean-Claude Juncker die Gruppe der Finanzminister des Eurogebiets weiter leiten. Der dienstälteste EU-Regierungschef kündigte zwar an, im Fall seiner Wiederwahl an diesem Sonntag in Luxemburg auf das Amt des Finanzministers zu verzichten, das er bisher in Personalunion ausübt. Dennoch könnte er die Zuständigkeit für Geld- und Währungspolitik in seinem Land behalten und somit die Gruppe der 16 EU-Länder mit Euro-Währung weiter führen, sagte Juncker am Donnerstag laut luxemburgischen Medienberichten.

Junckers Ankündigungen unmittelbar vor der Wahl werden in Brüssel als Signal verstanden, dass er mitten in der schwersten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg nicht von Bord gehen will. In der Debatte um sogenannte Steuerparadiese war der 54-Jährige unter Druck geraten, insbesondere vonseiten Deutschlands und Frankreichs. Juncker führt die Euro-Länder seit 2005, seine Amtszeit läuft noch bis 2010. Die Eurogruppe ist eines mächtigsten Gremien in Brüssel.

Juncker sagte am Mittwochabend nach einem Bericht der Zeitung "Luxemburger Wort" auf einer Wahlveranstaltung, den Posten des Finanzministers solle der bisherige Budgetminister Luc Frieden übernehmen. Am Sonntag wird im Großherzogtum Luxemburg ein neues Parlament gewählt. Dabei hat Juncker beste Aussichten: Wie Meinungsforschungsinstitute erhoben, wünschen sich rund 90 Prozent der Befragten, dass er neuerlich Regierungschef wird.

Auch wenn er kein Finanzminister mehr sei, bliebe er gern Vorsitzender der Eurogruppe, sagte Juncker in einem Interview mit dem Radiosender RTL Luxemburg. Dass er den Posten dann automatisch abgeben müsse, sei "eine falsche Interpretation". Er könne sich vorstellen, dass er in Luxemburg weiterhin für Geld- und Währungspolitik zuständig sein werde. Eine Neuverteilung von Kompetenzen werde aber erst in den Koalitionsverhandlungen geklärt, sagte Juncker.

Bei dem nächsten Treffen der Euro-Finanzminister am Montag (8. Juni) werde Juncker nicht dabei sein. Er habe unmittelbar nach der Wahl "Verfassungspflichten", sagte ein Sprecher. Juncker soll als Vorsitzender von der spanischen Ressortchefin Elena Salgado vertreten werden. Sie repräsentiert die künftige spanische EU- Ratspräsidentschaft, die vom 1. Jänner 2010 an amtieren wird. Der derzeitige EU-Vorsitz Tschechien sowie Schweden (2. Halbjahr 2009) haben den Euro bisher nicht eingeführt. (APA/dpa)