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"Es herrscht eine richtige Schneckenhaus-Stimmung"

Auch wenn sie eine ist, wie eine gestandene Gewerkschafterin wirkt Evelyn Regner nicht: Der Tonfall der zierlichen 43-Jährigen wird nie scharf, nie forsch. Lieber spricht Regner mit sanfter Stimme - und sagt dabei gerne beschwichtigende Sätze wie: "Die Menschen spüren einfach, wenn die Dinge in der Union nicht so gut laufen. Wenn nicht die Menschen im Mittelpunkt stehen, sondern der Markt." Mehr als acht Jahre lang leitete die Juristin das Europa-Büro des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB)in Brüssel. Jetzt kandidiert sie im sogenannten "A-Team" des arrivierten roten Spitzenkandidaten Hannes Swoboda für die EU-Wahl als Zweite der Sozialdemokraten. "Es ist klar, dass Swoboda die unumstrittene Nummer eins bei uns ist" , sagt die Wienerin, die sich derzeit nicht nur möglichst viele Vorzugsstimmen, sondern auch bessere Bekanntheitswerte erkämpfen muss. "Und ich bin halt noch ein Neuling."

Foto: APA/Pfarrhofer

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Die Härten des EU-Wahlkampfes hat Regner auch schon in der SPÖ selbst zu spüren bekommen. "In manchen Sektionen" , erzählt sie, "herrscht eine richtige Schneckenhaus-Stimmung - quasi ,nur nicht an der EU anstreifen‘." Und immer wieder wird sie auch dort auf die berühmt-berüchtigte Gurkenkrümmungs-Richtlinie sowie "die Spesenritter" in Brüssel angesprochen. Regner setzt dann auf ihre beruhigende Stimme und versucht die Leute eben "in langen Gesprächen" doch noch von den Vorteilen der Union zu überzeugen. Obwohl sie es der Kommission des konservativen Präsidenten José Manuel Barroso sehr übelnimmt, dass diese in den vergangenen Jahren "die sozialen Grundrechte den Regeln des Binnenmarktes untergeordnet hat" .

Deswegen möchte die rote Listenzweite sich in den nächsten Jahren im EU-Parlament gegen Lohndumping und für eine Regulierung der Finanzmärkte starkmachen. Regners ehrgeiziges Ziel nach der Wahl lautet daher: Mitglied des Wirtschafts- und Währungs- oder des Binnenmarkt-Auschusses werden.

 

 

Foto: APA/Schlager

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Die ewige Schattenfrau der Grünen

Zuerst stand sie jahrelang im Schatten des wortgewaltigen grünen EU-Mandatars Johannes Voggenhuber, nun in dem von Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek: Eva Lichtenberger sitzt zwar schon seit fünf Jahren im EU-Parlament - doch selbst eingefleischten Grün-Wählern ist die 54-Jährige bis heute mitunter kein Begriff. Dabei fühlt sich die ehemalige Verkehrssprecherin der Öko-Partei im EU-Parlament ziemlich wohl, ja sogar "wohler" als im Nationalrat, wie sie betont. Denn: "Es wird dort ein ganz anderer Umgangston gepflegt. Mir ist es einfach lieber, sachlich zu argumentieren" , sagt Lichtenberger und ergänzt: "Und obendrein herrscht bei uns kein Klubzwang."

Als gebürtige Tirolerin ist sie der Transit-, Fremdenverkehrs- und Verkehrspolitik als Mitglied der zuständigen Ausschüsse in Brüssel treu geblieben. Außerdem kämpft sie dort für einen besseren Klimaschutz. Dass Lichtenberger es bisher zu Hause kaum zu Popularität gebracht hat, erklärt sie sich so:"Hinter einem Johannes Voggenhuber kann man einfach nicht wahrgenommen werden." Vor dem Endergebnis am 7. Juni tröstet sich die grüne Listenzweite zumindest mit dem Ausgang beim letzten Urnengang 2005: "Damals" , erzählt sie, "habe ich als Tirolerin in Wien immerhin tausend Vorzugsstimmen bekommen."

Foto: APA/Hochmuth

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Der Mann hinter Andreas Mölzer

Wenn Franz Obermayr auf den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde zu sprechen kommt, hört sich das noch viel schärfer an, als wenn der Mann über die Union räsoniert. Der 57-jährige Ex-Vizebürgermeister von Linz, nun Geschäftsführer einer Logistik-Firma, attestiert Ariel Muzicant "ein ganz unerhörtes Benehmen". Den Listenzweiten der FPÖ stört nämlich, dass das Oberhaupt der jüdischen Gemeinde im Wahlkampf "seinen Senf dazugibt" . Dass sich Muzicant an den xenophoben Slogans der Freiheitlichen und Inseraten stößt, die vor einem EU-Beitritt Israels warnen, ficht Obermayr nicht an. "Der Herr Muzicant" , meint er, ziehe "dauernd in pauschaler und zum Teil gehässiger Form über Mitglieder" seiner Partei her - "und das finde ich eine Frechheit."

Foto: Reuters/Prammer

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Anwalt Kärntens will jetzt nach Brüssel

Jörg Freunschlag ist wenigstens in Kärnten bekannt. Bis 2006 war er dort Landtagspräsident. Mit 66 Jahren tut er sich jetzt noch einmal einen Wahlkampf an: "Weil mich Freunde gebeten haben" , sagt er. Vom BZÖ wird er als "Kärnten-Anwalt" apostrophiert, das sollte im Wahlkampf reichen. Freunschlag wünscht sich eine "politische Einigung Europas" . Aus der EU solle ein "Friedensprojekt" werden, denn "es geht um die Aufarbeitung der gemeinsamen Geschichte. Das darf keine Einbahnstraße sein - und muss auch für Slowenien gelten" . Behindert werde die Einigung auch durch die USA "mit ihrer Forcierung des türkischen EU-Beitritts und der Stationierung von Raketenbasen" . Es gelte daher, ein Gleichgewicht zu den USA und China aufzubauen, argumentiert der Listenzweite des BZÖ.

Foto: APA/Eggenberger

Der zweite Martin auf der Liste Martin

"Grüß Gott, ich heiße Martin, Martin Ehrenhauser ist mein Name" : So stellt sich der Mann hinter Hans-Peter Martin gerne vor, bevor er Wahlberechtigten eine Glühbirne in die Hand drückt. Als kleine Anspielung auf das Verbot ab 2009, mit dem die EU-Kommission den CO2-Verbrauch verringern möchte.

Weil sich HPM mit seiner Nummer zwei im EU-Parlament, Karin Resetarits, hoffnungslos überworfen hat, brauchte der umstrittene Mandatar einen anderen Mitstreiter. Seine Wahl fiel auf Ehrenhauser, der für Martins jüngstes Buch (Die Europafalle), in dem "das Ende von Demokratie und Wohlstand" proklamiert wird, viel Recherche zugeliefert hat. Außerdem macht der 30-Jährige für Martin schon seit Jahren den "Büroleiter in Brüssel".

Im Wahlkampf konzentriert sich Ehrenhauser, gelernter Koch und als BWL-Student bei den Liberalen aktiv, auf die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Er warnt das Wahlvolk gern vor einer Annäherung an die Nato und den Battle-Groups, die die Union in Krisengebiete schicken will. Wie viele Österreicher huldigt auch Ehrenhauser dabei gern dem rot-weiß-roten Mythos, der Neutralität. "Sie ist ein wertvolles Gut" , sagt er ehrfürchtig, "etwas irrsinnig Wertvolles, das man nicht ablegen darf." (DER STANDARD, Printausgabe, 4.6.2008)

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