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Die Ausstellung in Paris zeigt Arbeiten des 20. und 21. Jahrhunderts. Zum Beispiel von Louise Bourgeois, hier ihre Skulptur "Three Horizontals ".

Foto: EPA/HORACIO VILLALOBOS

Wenn in großen Museen für zeitgenössische Kunst alle Arbeiten von Männern entfernt werden würden, würde mancherorts nicht viel hängen- oder stehen bleiben.

Die Sammlung des Pariser Centre Pompidou konnte es sich angesichts dessen, dass es die größte Sammlung moderner und zeitgenössischer Kunst in Europa besitzt, leisten, mal für ein Jahr auf Männer zu verzichten. Zumindest in der Ausstellung "elles@centrepompidou", sie präsentiert eine Hängung der Centre Pompidou-Sammlung, die gänzlich auf Kunst von Männern verzichtet.

Dass es einen überdimensional großen Anteil an Kunst von Männern in großen, etablierten Ausstellungsräumen zu sehen gibt, ist nach wie vor der "Normalfall". Kunst aber bewusst nach dem Geschlecht der KünstlerInnen auszusuchen, bezeichnete die Kuratorin der Ausstellung "elles@centrepompidou", Camille Morineau, dennoch als "riskant und revolutionär", wie sie gegenüber der L.A. Times meinte. Zwar ist es nicht die erste "Women Only"-Ausstellung, wie es vom Centre Pompidou angekündigt wurde, aber es ist die erste in dieser Größenordnung und mit einer derart langen Laufzeit, von 27. Mai 2009 bis 24. Mai 2010.

500 Arbeiten von 200 Künstlerinnen

Die Ausstellung umfasst über 500 Arbeiten von über 200 Künstlerinnen. Auf zwei Ebenen werden nach chronologischen und thematischen Abschnitten Arbeiten des 20. und 21. Jahrhunderts von Louise Bourgeois, Frida Kahlo, Dorothea Tanning, Valie Export, Joan Mitchell, Suzanne Valadon, Karen Knorr, Hannah Höch, Dora Maar oder Rosemarie Trocket gezeigt. Die verschiedenen Abschnitte wurden etwa mit "Pioneer", "The Activist Body" oder "A room of One's Own" betitelt.

Camille Morineau bezeichnete gegenüber der L.A. Times die Schau als "höchst unfranzösisch". In Frankreich würde sich niemand darum scheren, wie viele Frauen und wie viele Männer in einem Museum oder in einer Galerie ausgestellt sind. "Sehr wenig nehmen überhaupt wahr, wenn in einer Ausstellung gar keine Künstlerinnen vertreten sind", so Morineau. Den Feminismus sieht sie in den USA oder anderen Teilen Europas stärker verankert als in Frankreich. Eine Ausstellung zum Thema "Feminismus" hätte laut Morineau in Paris kaum Chancen, in einer Ausstellung Künstler einfach auszuschließen stellt für sie ohnehin die "mutigere und aufwendigere Variante" dar, so die Kuratorin in einem Interview mit dem Kunstmagazin "art".

Kunst und Frauen

Für Morineau ist es mittlerweile möglich, das Thema Kunst und Frauen ideologiefrei und objektiv anzugehen "und somit kann man darstellen, wie Künstlerinnen lange Zeit viel weniger ausgestellt wurden, obwohl sie genauso viel und gut gearbeitet haben wie ihre männlichen Kollegen", so Morineau gegenüber "art". Auch im Centre Pompidou ist das Verhältnis zwischen Künstlern und Künstlerinnen ungleich: Nimmt man den Anteil von Künstlerinnen der Sammlung des Centre Pompidou kommt man auch nur auf 17 Prozent.

Das Centre Pompidou versucht aber mit "elles@centrepompidou" nicht nur die Kunstgeschichte ab dem 20. Jahrhundert einmal anders zu erzählen. Zudem macht die Ausstellung laut Morineau sichtbar, dass das "zwanzigste Jahrhundert anhand von Künstlerinnen extremer, radikaler, in der Performance auch gewalttätiger ausfällt", was sie auf eine stärkere Unabhängigkeit von Frauen gegenüber modischen Strömungen zurückführt. "elles@centrepompidou" zeigt auch, dass sich Frauen immer schon sehr früh auf neue Medien eingelassen haben, was sich Anfang des 20. Jahrhunderts durch eine große Dichte an Fotografinnen und heute in dem großen Interesse von Künstlerinnen an Video und Installationen verdeutlicht. (beaha, dieStandard.at, 3.6.2009)