Bild nicht mehr verfügbar.

Die Krise verschafft Reparaturwerkstätten Aufschwung.

Foto: AP

New York - Eric Democko fährt seinen VW Jetta seit 2003 und kennt seine Tücken daher nur allzu gut. "Die Bremsen und Reifen brauchen Arbeit, und die Scheibenwischer haben gerade aufgehört, zu funktionieren", erzählt er.

Er wollte das Auto fast schon ersetzen, aber die Rezession und andere Faktoren der Wirtschaftskrise haben ihn anders entscheiden lassen. "Da der Jetta ohnehin abbezahlt ist, lasse ich ihn reparieren", sagt Democko. "Ich hoffe, dass er noch zumindest ein Jahr lang hält." Denn: "Für den Kauf eines Neuwagens gibt es derzeit zu viele Unsicherheiten."

Unsichere Zukunft

Wirtschaftskrise, Angst vor Arbeitslosigkeit, neue Emissionsstandards und die unsichere Zukunft der US-Autoindustrie lassen dieser Tage mehr Amerikaner den Autokauf verschieben. Lieber bringen sie ihre alten Gefährte in die Werkstatt oder möbeln sie sogar selbst auf.

Während also die US-Autoriesen in Detroit - General Motors und Chrysler - seit Monaten um ihr finanzielles Überleben kämpfen und immer mehr Autohäuser schließen, herrscht in Reparatur-Werkstätten und bei großen Autoteil-Einzelhändlern mehr Betrieb.

"Die deutliche Reduktion in der Zahl der Autohäuser und Service-Stellen großer Autofirmen sollte unabhängigen Reparatur- und Service-Betrieben weiterhin helfen", erklärt Ron Pyle, Präsident der Automotive Service Association (ASA). Der Abschnitt der ASA-Website, auf der man nach lokalen Werkstätten suchen kann, hat laut einer Sprecherin für den Zeitraum Jänner bis April einen Besucher-Anstieg von 50 Prozent verzeichnet. Und eine in der zweiten Jahreshälfte 2008 durchgeführte ASA-Studie ergab, dass 60 Prozent der Mitglieder der Interessenvertretung höhere Verkaufszahlen als im Vorjahr einfuhren. Der Anstieg belief sich auf durchschnittlich 16 Prozent.

Laut Mary-Beth Kellenberger vom Beratungsunternehmen Frost & Sullivan gehören in der Auto- und Transport-Praxis Reparatur-Stätten tatsächlich zu den Gewinnern einer ansonsten angeschlagenen Autoindustrie. "Aufgrund von Finanzproblemen teilen zwar immer mehr Kunden notwendige Reparaturen auf mehrere Werkstätten auf oder zögern diese gerne weiter hinaus", sagt Kellenberger. Insgesamt sei der Autobestand im Land heute aber älter und reparaturbedürftiger, weil monatliche Neuwagen-Käufe in letzter Zeit deutlich gefallen seien.

Reger Zulauf

Den Zulauf bei Reparaturen bemerken auch Autoteile-Einzelhändler. AutoZone, das größte US-Unternehmen in diesem Marktsegment, berichtete zuletzt etwa von einem Gewinn-Anstieg um 9,5 Prozent für sein Anfang Mai abgelaufenes vergangenes Quartal. Seine Werbe-Botschaft "Do it yourself and save" scheint derzeit die Stimmung der Fahrer in der Autofahrernation genau zu treffen. Auch Vorstandschef Bill Rhodes schrieb bei der Vorstellung der Quartalsbilanz den Erfolg "dem derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld und der Reduktion bei Benzinpreisen im Vergleich mit dem Vorjahr" zu.

Zu den Käufern von Ersatzteilen gehören in diesen Tagen eben nicht nur langjährige Hobbybastler, sondern auch Leute wie Dan Godfrey aus Pittsburgh. Vergangenes Jahr sah er sich nach einem neuen Auto in der Preisklasse von 12.000 bis 16.000 US-Dollar (etwa 8400 bis knapp 11.200 Euro) um, entschied sich dann aber für einen gebrauchten und angeschlagenen BMW Baujahr 1997 für nur 1500 Dollar.

"Wegen der Rezession habe ich versucht, meine monatlichen Ausgaben zu verringern", erklärt er. "Ich lege Geld für schwere Zeiten beiseite. Da ich das Auto bar bezahlt habe, habe ich keine monatlichen Zahlungen - und ich habe viel Geld gespart, weil es so billig war."

Für weitere 2000 Dollar hat Godfrey Zusatz- und Ersatzteile gekauft und mit Hilfe von Gebrauchsanleitungen, Internetforen, einiger Kisten Bier und Pflastern den Wagen selbst repariert. "Jetzt habe ich ein Auto, das neue Wägen in meiner Preisklasse sogar übertrifft", freut er sich. (Georg Szalai aus New York, DER STANDARD, Printausgabe, 3.6.2009)