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Thomas Henzinger (rechts neben Nobelpreisträger Eric Kandel) ist erster Präsident des IST Austria, das bereits am Pfingstmontag zahlreiche Besucher anlockte.

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Nach sieben mehr oder weniger verflixten Jahren war es am Dienstagabend endlich so weit. Zwar waren etliche der baulichen Vorarbeiten bereits erfolgreich abgeschlossen. Dennoch hat man sich einen neuerlichen Spatenstich - diesmal des ersten Laborgebäudes am IST Austria in Maria Gugging - nicht entgehen lassen.

Dass man mit dem IST Großes vorhat, ließ sich auch an der Rednerliste für den Festakt unmittelbar danach ablesen: Bundespräsident Heinz Fischer wünschte dem nun offiziell eröffneten Institut ebenso das Beste wie Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll und Wissenschaftsminister Johannes Hahn.

Danach durfte die Wissenschaft sprechen: zuerst Quantenphysiker Anton Zeilinger, der die Idee zum IST Austria hatte, dann Haim Harari, der ehemalige Präsident des Weizmann-Instituts in Israel, der das Projekt auf die Wege brachte. Und schließlich der Computerwissenschafter Thomas Henzinger, der designierte erste Präsident des IST Austria, der am 1. September offiziell sein Amt antreten wird.

Spitzenforschungsstrategien

Mit der offiziellen Eröffnung des Instituts hat eine lange, wechselhafte Vorgeschichte (siehe Wissen) ihr Ende gefunden. Und das, was 2002 als Idee einer "Flaggschifforganisation" vom Quantenphysiker Zeilinger in die Welt gesetzt wurde, ist nun wirklich startklar. Doch wohin soll der Weg tatsächlich gehen? Wie schätzen Wissenschafter das Projekt ein? Und wie will man es schaffen, zu einer international sichtbaren Spitzenforschungseinrichtung werden?

Für Thomas Henzinger gibt es zwei einfache Strategien für den Weg an die Spitze, die freilich einfacher klingen, als sie umzusetzen sind: "Wir werden einerseits versuchen, immer die bestmöglichen Leute zu rekrutieren. Wir werden aber natürlich auch berücksichtigen, welche Gebiete in der Wissenschaft gerade besonders vielversprechend sind." Geplant sind jedenfalls Schwerpunkte in der Hirnforschung, den Materialwissenschaften, der quantitativen Biologie - und dank Henzinger - in den Computerwissenschaften

Der designierte Präsident gibt sich indes keinen Illusionen hin, dass man im längst globalen Wettbewerb um die besten Köpfe so einfach reüssieren kann: Geld sei wichtig, aber oft nicht der Hauptbeweggrund, so der Computerwissenschafter, der von Linz aus eine internationale Karriere startete, die ihm unter anderem Professuren an der US-Elite-Universität Stanford und zuletzt an der angesehenen ETH Lausanne eintrug.

Noch wichtiger sei es, so Henzinger, den Forschern ein in jeder Hinsicht attraktives Umfeld zu bieten. Für viele Topleute sei es wichtiger, dass diese Neugründung eine einmalige Gelegenheit biete, im Konsens mit anderen Kollegen eine gemeinsame Vision umzusetzen.

Dem kann auch der angesehene britische Evolutionsbiologe Nick Barton - als bester Zeuge und Beweis für Henzingers Thesen - zustimmen. Barton wurde nämlich als einer der ersten Professoren für das IST Austria gewonnen, was etwas für die angestrebte Qualität des Instituts heißen will: Der Forscher erhielt gemeinsam mit anderen Fachgrößen zu Darwins 200. Geburtstag die Darwin-Wallace-Medaille, die seit 1908 nur alle 50 Jahre vergeben wird.

Dass er von Edinburgh nach Klosterneuburg übersiedelte, habe zum einen mit der - im Vergleich zu Großbritannien - sehr viel weniger bürokratischen Forschungsfinanzierung am IST Austria zu tun gehabt, so Barton. Vor allem ist er vom "absolut erfrischenden internationalen und interdisziplinären Konzept des IST Austria" beeindruckt gewesen.

Das entspricht ganz den Vorstellungen Henzingers, der in den nächsten Monaten aus der Platznot am IST Austria eine Tugend machen will. "Am Beginn wird es nolens volens so sein, dass ein Informatiker neben einem Biologen sitzt. Ich hoffe, dass wir auch dadurch etwas Einmaliges zustande bringen werden."

Internationale Anleihen

Trotz der geplanten Einmaligkeit gibt es natürlich einige Institute und auch Universitäten, an denen sich das IST Austria orientiert. Eine davon ist das Weizmann-Institut in Israel, eine der renommiertesten Wissenschaftseinrichtungen für Grundlagenforschung. Das liegt auch daran, dass Haim Harari, der bisherige IST-Austria-Hauptverantwortliche, langjähriger Präsident des Weizmann-Instituts war.

Vorbildlich war das Institut vor allem in Bezug auf seine Regelungen der "Intellectual Property Rights", die eine Teilung der Einnahmen zwischen den Forschern und dem Institut vorsieht. Und bei diesen Einnahmen ist das Weizmann-Institut international führend. Im Unterschied zum IST gibt es am Weizmann-Institut allerdings auch ein Master-Programm.

Das Vergütungssystem für die Professoren am IST Austria wiederum ist an jenes der Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH) in der Schweiz angelehnt, die allerdings Volluniversitäten sind. Und beim Verhaltenskodex für die Forscher orientierte man sich an jenem der Max-Planck-Gesellschaft, dessen Institute ebenfalls Ähnlichkeit mit dem IST Austria aufweisen, allerdings über keinen eigenen Doktoratsprogramme verfügen.

Aber auch in Österreich selbst gibt es längst ein rezentes Vorbild: Rund um das - zwar kleiner dimensionierte und ganz auf Molekularbiologie ausgerichtete - Institut für Molekulare Pathologie (IMP) ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten am Vienna Biocenter ein Spitzenforschungsstandort entstanden - inklusive internationalem PhD-Programm, exzellenten Forschern aus der ganzen Welt und Spinoffs.

Barry Dickson, der wissenschaftliche Direktor des IMP, hofft für das IST Austria jedenfalls zum einen auf Großzügigkeit und Geduld seitens der Politik. Zum anderen geht er davon aus, dass das IST Austria - nach der FWF- und der Cern-Krise - dazu beitragen werde, das Ansehen Österreichs innerhalb der internationalen Scientific Community "wieder zurechtzurücken".

Sein Kollege Graham Warren, Leiter der Max-F.-Perutz-Labors am Vienna Biocenter, hält das IST Austria für einen großartigen Zuwachs zu den bereits "existierenden Orte der Exzellenz" in Österreich, verbunden mit der Hoffnung, dass die finanzielle Unterstützung in allen Belangen anhalten möge.

Andere - wie der TU-Wien-Rektor Peter Skalicky - sind etwas skeptischer. Der Physiker hält auch die bestehenden Universitäten für fähig, die angestrebte Exzellenz zu verwirklichen. Zugleich verweist er auf die "gescheiten Proponenten" des Projekts. Auch wenn Konkurrenz bestehe, sei man zur Kooperation bereit. Allerdings müsse man hierfür "erstmal Substanz sehen". Skalickys Fazit: "Wir sehen das mit wohlwollendem Argwohn."  (Klaus Taschwer, DER STANDARD/Printausgabe 3.6.2009)