Foto: Guide Michelin

Paris - Nach nur vier Jahren am Markt zieht sich der international renommierte Michelin-Restaurantguide vom österreichischen Markt zurück. Die Ausgabe 2009, die seit Ende vergangenen Jahres erhältlich ist, wird auch die letzte sein. Die bei Köchen als höchstmögliche Auszeichnung (und als Garantie für gute Auslastung) geltenden Michelin-Sterne werden künftig nur noch für Betriebe in Wien und Salzburg zu erreichen sein - Städte, die schon bisher im Guide für die "großen Städte Europas" berücksichtigt wurden.

In einem Interview mit der Fachzeitschrift Rolling Pin erklärt der Direktor des Guide Michelin, Jean-Luc Naret, die Einstellung mit dem mangelnden Erfolg der Österreich-Ausgabe. Während die neuen Geschäftsfelder in Asien (neben Tokio gibt es seit 2009 auch Guides für Hongkong und Macao) sich erfolgreich entwickeln, hat im Tourismusland Österreich offenbar niemand auf Michelin gewartet. Das Internet dürfte dem Guide zusätzlich geschadet haben: Während der gedruckte Führer 28,80 Euro kostet, sind seine Inhalte über die Michelin-Website jederzeit kostenlos abrufbar. Dazu kommt die besondere Marktmacht des Guide Gault-Millau, der im Alpenland seit 1980 testet.

Für Österreichs Top-Gastronomie ist die Einstellung der Österreich-Ausgabe freilich ein Schock, gilt Michelin doch als jener Guide, der gerade von internationalen Gourmets als Maßstab herangezogen wird.

Walter Eselböck vom burgenländischen Taubenkobel (zwei Sterne): "Eine Kulturwatsch'n für Österreich. Ich fürchte, dass wir gastronomisch nun in Durchschnittlichkeit ersticken werden." Silvio Nickol vom Schlossstern in Velden (zwei Sterne) sieht sich in seiner Karriereplanung massiv eingeschränkt: "Ich wollte immer drei Sterne, die Nachricht hat mich wie ein Dolchstoß getroffen. Michelin ist nun einmal der Maßstab. Warum der nur noch auf Köche in Salzburg und Wien angewendet werden soll, kann ich nicht verstehen." Auch Didi Dorner aus Stainach (ein Stern) ist "geschockt", weil internationale Gäste, die ihn aufgrund der Michelin-Wertung entdeckt haben, einen "ganz erheblichen Teil der Kundschaft" ausgemacht hätten. Ganz offenbar gelte die Michelin-Philosophie, wonach Autofahrern lohnende Etappen nahe gebracht werden sollen, nicht mehr. Nickol: "Wie sonst ist die Konzentration auf Städte, ob Wien oder Hongkong, zu verstehen?" (Severin Corti, DER STANDARD, Printausgabe 03.06.2009)