Essen/Berlin - Angesichts massiver staatlicher Hilfe für Opel dringt der angeschlagene Handels- und Touristikkonzern Arcandor auf Gleichbehandlung. "Niemand wird behaupten, dass Opel vor dem Ausbruch der Krise 2008 kerngesund war", sagte ein Arcandor-Sprecher am Dienstag. Trotzdem bekomme das Unternehmen Geld. Dasselbe müsse auch für den Handelskonzern gelten, der bis zum Krisenbeginn nie staatliche Hilfe benötigt habe und dem zur Zeit wegen der Wirtschaftskrise keine Bank Geld zu vertretbaren Konditionen leihe. "Wir erwarten faire Gleichbehandlung." Der Staat habe mit Förderprogrammen wie der Abwrackprämie die produzierende Industrie erheblich gestützt, den Handel aber nicht.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Dienstag die Hoffnung von Arcandor auf staatliche Hilfen gedämpft. Sie lehnte eine Vorzugsbehandlung für das Kaufhaus- und Reiseunternehmen (Karstadt, Quelle, Thomas Cook) ab und stellte klar, dass der Autobauer Opel ein besonderer Fall gewesen sei. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte in der "Bild"-Zeitung (Dienstag) eine vorbehaltlose Prüfung des Arcandor-Antrags auf staatliche Unterstützung zugesagt. Zugleich bekräftigte aber auch er seine Skepsis gegenüber Versprechungen staatlicher Unterstützung.

Arcandor braucht bis zum Auslaufen eines Kredits am 12. Juni staatliche Bürgschaften in Höhe von 650 Milo. Euro und hofft außerdem auf einen Kredit der KfW Bankengruppe über 200 Millionen Euro. Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick warnte in der Tageszeitung "Die Welt" (Dienstag) vor den Kosten einer sonst drohenden Insolvenz: Ein Konkurs würde mindestens eine Milliarde Euro kosten, allein schon durch den Verlust von Steuereinnahmen, Sozialabgaben sowie die Zahlung der Gehälter durch die Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kämen Folgekosten für die betroffenen Zulieferer. "Was für die Finanzbranche die Insolvenz von Lehman Brothers war, wäre für den Handel die Insolvenz von Arcandor. Nämlich ein Riesenfehler", sagte Eick der Zeitung.

50.000 Mitarbeiter

Arcandor beschäftigt rund 50.000 Mitarbeiter; bei 650 Mio. Euro beantragter Bürgschaft seien das etwa 13 000 Euro pro Job, sagte der Konzernsprecher. "Das ist ein Bruchteil dessen, was bei Opel gezahlt wird, auch wenn wir die Unternehmen nicht gegeneinander ausspielen wollen." Er kam für Opel auf rechnerisch rund 200.000 Euro Staatshilfe pro gerettetem Job. Eick zeigte sich in dem "Welt"- Interview überzeugt davon, dass die Arcandor-Sanierung auch dank des erheblichen Beitrags von weiteren 350 Millionen Euro von Eigentümern, Vermietern, Zulieferern und anderen Partner gelingen werde. Die Bürgschaft werde den Steuerzahler keinen Cent kosten, weil sie nicht abgerufen werde, so Eick.

Dass nach Meinung von Kritikern zunächst die reichen Eigenerfamilien Schickedanz und Oppenheim Geld zuschießen sollten, bevor nach dem Staats gerufen werde, nannte der Arcandor-Sprecher "in Teilen populistisch". Schickedanz habe 2005 den Konzern durch massives Investment gerettet, die Sal. Oppenheim-Bank sei 2008 zur erneuten Rettung des Unternehmens eingestiegen. Beide Eigner hätten sich jetzt bereiterklärt, mit weiteren 100 Mio. Euro ins Risiko zu gehen. Außerdem verfügten die Eignerfamilien angesichts der Wirtschaftskrise sicher nicht mehr über die Milliardenvermögen, die in den Medien gern kolportiert würden. "Ich sehe ein ausreichendes Engagement der Gesellschafter", sagte der Sprecher.

Die Vorschläge des Konkurrenten Metro zu einer Deutschen Warenhaus AG durch eine Zusammenführung der Töchter Karstadt und Kaufhof lehnt Eick "nicht grundsätzlich" ab, "obwohl ich glaube, dass zwei Warenhauskonzerne in Deutschland bestehen können". Eine Alternative zur Staatsbürgschaft sei die Warenhaus AG aber nicht. Die Chefs beider Konzerne hätten ein erneutes Gespräch an geheimem Ort vereinbart, sagte der Arcandor-Sprecher. (APA/dpa)