Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Archiv

Bild nicht mehr verfügbar.

Ein Riesenerfolg: Tetris auf Nintendos Gameboy.

Screenshot: Archiv

Was war das beste Computerspiel aller Zeiten? An welchen Titel erinnern sich die älteren SpielerInnen aus ihrer Jugend am besten? Welches Spiel verbinden sie mit Nintendos GameBoy? Die Antwort auf diese Fragen kommt zumeist schnell und eindeutig und lautet fast immer "Tetris". Das Knobelspiel feiert dieser Tage sein 25-jähriges Jubiläum. "Tetris" prägte Generationen, war Politikum in Zeiten des Kalten Krieges, stürzte Atari in den Ruin und verhalf Nintendo zu einem unglaublichen Erfolg bei mobilen Spielkonsolen.

"From Russia with Fun!"

Die Wurzeln von "Tetris" liegen in Russland. Auf der Originalschachtel erinnerte der Schriftzug "From Russia with Fun!" an diesen Aspekt. Vor 25 Jahren entwickelte der russische Programmierer Alexey Pajitnov das Spiel. Er wollte sein Lieblings-Brettspiel Pentomino auch am Computer spielen können. "Tetris" ist alt, aber gut. Selbst in Zeiten in denen Blockbuster-Titel mit immer realistischerer Grafik punkten und Millionen Dollar an Entwicklungskosten verschlingen, hat das Spiel seinen Reiz nicht verloren. Seit dem Start am 6. Juni 1984 verkauften sich von "Tetris" mehr als 125 Millionen Stück. Die Popularität zeigt sich auch auf modernen Plattformen, wie etwa dem iPod oder iPhone - "Tetris" ist seit 2008 im iTunes-Store verfügbar und schaffte es auf Anhieb in die Liste der beliebtesten Top Ten Games aller Zeiten.

Eine Alternative zur Gewalt

Den enormen Erfolg von "Tetris" hatte Pajitnov sicherlich noch nicht geplant, als er das Spiel als kleines Testprogramm für den "Elektronika", einen Supercomputer der damaligen Sowjetunion entwickelte. In einem Interview befragt zu den Erfolgskriterien von "Tetris" meinte Pajitnov: "Das Spiel hat einen kreativen Geist, es geht nicht um Zerstörung, so wie in den Shooterspielen, die man überall sieht. Hier kann man etwas schaffen. Die SpielerInnen können aus dem Chaos der herunterfallenden Teile eine Ordnung schaffen. Das gibt den Menschen ein gutes Gefühl."

Die Geschichte

Die erste Version von "Tetris" lief 1984 auf Pajitnovs "Electronica 60" - natürlich noch nicht in Farbe und auch ohne Ton. Vadim Gerasimov portierte das Spiel wenig später auf einen IBM-PC. Schon im Sommer 1985 wurde die erste Farbversion entwickelt, die schnell von der Sowjetunion aus einen riesigen Erfolg im ganzen Ostblock feierte.

Ein Politikum oder eine Frage der Rechte

"Tetris" stellte am Höhepunkt des Kalten Krieges bald ein Politikum dar. Der Grund hierfür lag in den Versuchen unterschiedlicher Unternehmen das Spiel auch außerhalb des damaligen Ostblocks vermarkten zu können. Viele Versuche scheiterten - die Verhandlungen erwiesen sich als zäh und schwierig. Über einige Umwege kam "Tetris" dann zu Atari. Was niemand wußte - es sollte den Niedergang der renommierten Spieleherstellers bedeuten.

Ein Fall für Gorbatschow

"Tetris" zu dieser Zeit schon auf einigen Plattformen außerhalb der Sowjetunion verfügbar, wurde ein großer Erfolg. Dennoch blieben die Erträge aus den Lizenzzahlungen hinter den Erwartungen zurück. Nikolai Belikow wurde von der sowjetischen Regierung beauftragt den Fall genauer zu untersuchen. Der Chef der Maxwell Corporation, die damals "Tetris" im Westen verkaufte, Robert Maxwell, damals einer der reichsten Männer der Welt, verfügte über gute Kontakte zum sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow.  Die weiteren Rechteverhandlungen erstrecken sich über Monate und sorgten schlussendlich für eine undurchsichtige Lösung: Nintendo, das heimlich mit Moskau Verhandlungen geführt hatte, erhielt die Rechte an einer mobilen Version für 500.000 US-Dollar zuzüglich 0,50 US-Dollar pro Kopie. An Maxwell gingen zwar auch Rechte, aber nur für einige wenige sehr beschränkte Systeme. Als Maxwell erkannte, dass die Rechte nicht an sein Unternehmen gingen, drohte er am 23. März 1989 in einem Telex an Belikow, bei Gorbatschow persönlich bei dessen Staatsbesuch in Großbritannien Druck auszuüben.

Ataris Ende, Nintendos Aufstieg

Die US-Firma Atari, Vorreiter der digitalen Unterhaltung und weltweit bekannt, begann "Tetris" für seine Systeme zu adaptieren. Millionen Stück wurden gefertigt und lagen in den Lagerhallen zur Auslieferung bereit. Dann kam es zu einer unerwarteten Wende. Nintendo ebenfalls an "Tetris" interessiert und bereits im Besitz der Lizenzen, erklärte, dass Atari die Rechte am Spiel gar nicht besitzen würde. Zu diesem Zeitpunkt hatte der US-Hersteller bereits Millionen Dollar in die Portierung und die Vermarktung von "Tetris" investiert.

Vor Gericht

Atari strebte daraufhin einen Prozess gegen Nintendo an. Auch Chefverhandler Belikow wurde als Zeuge vorgeladen. Vor seinem Abflug wurde dieser vor einen staatlichen sowjetischen Ausschuss zitiert. Dort drohte man unverhohlen, ihn für alle Verluste verantwortlich zu machen, die der Sowjetunion entstehen würden, wenn Atari den Prozess gewinnen würde. Im November 1989 entscheid das Gericht zugunsten Nintendos. Atari musste daraufhin hunderttausende Spielmodule in ihrem Lager vernichten.

Ein weltweiter Erfolg

Das Desaster Ataris wurde zum Erfolg von Nintedo. Der erste Gameboy verkaufte sich unglaublich gut. Für viele ExpertInnen war "Tetris" dabei ein wesentlicher Faktor. Nintendo und "Tetris" waren untrennbar verbunden, kaum jemand wusste um die Geschichte des Spiels.

Entwicklerschicksal

Pajitnov selbst sah von den Lizenzgebühren freilich nichts. Nintendos GameBoy wurde im Bundle mit Tetris mehr als 17 Millionen Mal verkauft. 1991 wanderte der russische Entwickler in die USA aus und versuchte in Seattle eine Firma aufzubauen. Seit 1996 arbeitet Pajitnov für Microsoft. Im gleichen Jahr liefen auch die Lizenzverträge aus, so dass der Entwickler seither Geld für sein Spiel aus dem Rechteverkauf erhält. Tetris erschien im Laufe der Zeit für die unterschiedlichsten Plattformen. Die intuitive Steuerung der GameBoy-Version und die Auswirkungen auf die Spielebranche Anfang der 90er Jahre blieben jedoch unangetastet.

Die Zukunft

Die Geschichte von "Tetris" scheint hingegen noch lange nicht am Ende zu sein. Derzeit wird an einer Online-Version gearbeitet, die es SpielerInnen ermöglichen soll, eine weltweite Olympiade abzuhalten. E-sports einmal anders - könnte man sagen. Schon 2010 soll der "Tetris Cup" mit einem Turnier in Hawaii starten. (Gregor Kucera, derStandard.at, 2.6.2009)