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Verwandte und Freunde, die am Montag auf Passagiere des Fluges AF 447 aus Rio de Janeiro warteten, auf dem Weg ins Krisenzentrum auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle.

Foto: Reuters / Gonzalo Fuentes

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Grafik: APA

Nach dem Verschwinden einer Air-France-Maschine über dem Atlantik hat die brasilianische Luftwaffe Wrackteile geortet. Kleine Trümmerteile seien rund 650 Kilometer nordöstlich der Insel Fernando de Noronha entdeckt worden, sagte ein Luftwaffensprecher am Dienstag in Brasilia. Der Airbus A330 mit 228 Menschen an Bord war am Montag auf dem Flug von Rio de Janeiro nach Paris verschwunden.

Einfach weg

Es war gegen 8 Uhr MESZ, als der grüne Punkt auf den Radarschirmen plötzlich verschwand. Der vollbesetzte Air-France-Flug 447 war um 19 Uhr Ortszeit in Rio de Janeiro gestartet und sollte am Montag kurz vor Mittag auf dem Pariser Flughafen Roissy-Charles-de-Gaulle landen. Doch etwa 1500 Kilometer von Rio de Janeiro entfernt brach der Kontakt zu der Maschine ab, gerade als diese auf der Höhe der Küstenstadt Natal in Richtung Atlantik schwenken sollte. Das Flugzeug dürfte in den Atlantik gestürzt sein. Ein Sprecher von Air France sagte, dass die Maschine vermutlich von einem Blitz getroffen worden sei.

In der Nacht zum Dienstag teilte ein brasilianischer Pilot mit, er habe auf der Strecke "orangefarbenes Leuchten" im Meer gesehen. Es war aber unklar, ob es sich dabei um Bojen oder Flammen handelte. Offiziell bestätigt wurden die Angaben des Piloten nicht.

228 Menschen an Bord - Österreicherin darunter

An Bord des Airbus A330 befanden sich 228 Menschen, in der Mehrheit Franzosen (61), Brasilianer (58) und Deutsche (26). Laut dem Sprecher des Außenministeriums, Peter Launsky-Tieffenthal, war auch eine 27-jährige Tirolerin aus Innsbruck an Bord der Unglücksmaschine. "Wir bemühen uns, die Angehörigen über die Suche auf dem Laufenden zu halten", sagte Launsky-Tieffenthal.

An Bord der verschollenen Air-France-Maschine befand sich auch ein Mitglied des brasilianischen Königshauses. Es handelt sich um Prinz Pedro Luis de Orleans e Bragança, der in Luxemburg lebt und für einige Wochen seine Familie in Petropolis bei Rio de Janeiro besucht hatte. Das bestätigte die Familie nach Medienangaben vom Dienstag. Der 26-Jährige ist ein direkter Nachkomme des letzten brasilianischen Kaisers, Dom Pedro II, und steht in der Thronfolge an vierter Stelle. Auch ein hochrangiger Manager der Stahltochter von ThyssenKrupp war nach Unternehmensangaben auf die Maschine gebucht. Er sei wohl auch an Bord gewesen, sagte ein Sprecher von ThyssenKrupp Steel. Der französische Reifenhersteller Michelin erklärte ebenfalls, einer seiner Manager sei in der Maschine gewesen.

Flugzeuge der französischen und der brasilianischen Luftwaffe suchten am Dienstag mit Hochdruck nach Wrackteilen im Atlantik. Unterstützt wurden sie von Schiffen der Marine, die im Seegebiet zwischen Brasilien und Westafrika kreuzten. "Die Suche geht solange weiter, wie es nötig ist", sagte Verteidigungsminister Herve Morin im Radiosender Europe 1. Verkehrsminister Jean-Louis Borloo kündigte an, Angehörige würden auf Wunsch in das Gebiet geflogen, in dem der Airbus A330 der Fluggesellschaft Air France in der Nacht zum Montag verschollen war.

Angehörige warteten bereits am Flughafen

Viele Angehörige waren in Paris schon zum Flughafen gekommen, um die Passagiere abzuholen. Auf der Anzeigetafel war zuerst von "Verspätung" die Rede, als die ersten Gerüchte die Runde machten. Dann erging eine Durchsage über die Lautsprecher: "Angehörige von Reisenden des Fluges AF447 bitte am Schalter melden." Viele der Wartenden brachen in Tränen aus. Psychologen kümmerten sich noch im Flughafen um sie, ein Krisenstab wurde eingerichtet.

Staatschef Nicolas Sarkozy erkundigte sich in Roissy persönlich nach dem Schicksal des Fluges AF447. "Wir müssen ernsthaft mit dem Schlimmsten rechnen", sagte der für Verkehr zuständige Umweltminister Jean-Louis Borloo. Die Lage spreche für "die Hypothese eines Unfalles". Sarkozy will am kommenden Montag erneut mit den Angehörigen reden, wie Verkehrsstaatssekretär Dominique Bussereau in Paris sagte. Der Staatschef habe sich verpflichtet, die Familien ohne Verzögerung auf dem Laufenden zu halten.

Pannen-Meldung

Air France gab am Montagnachmittag bekannt, vom Flugzeug sei noch eine automatische Meldung ausgegangen, was auf eine "elektrische Panne" schließen lasse. Mehr nicht. Die Piloten hatten jedenfalls keinen Funkspruch mehr gesendet. Nicht einmal ein SOS war durchgekommen. Ein Sprecher der Fluglinie sagte, die plausibelste Erklärung für den Unfall sei ein Blitzeinschlag. Das Flugzeug war von den Radarschirmen verschwunden, als es das südamerikanische Festland verließ und den Überflug über den Atlantischen Ozean begann. Dort liegt eine tropische Sturmzone.

Suche gestartet

Suchflugzeuge der brasilianischen Marine und der französischen Armee starteten am Montag, um nach Trümmern oder möglichen Überlebenden zu suchen. Auch vom Pentagon wurde Hilfe angefordert. In den Anden und in Sibirien waren nach Flugzeugabstürzen Trümmer zum Teil erst nach mehreren Wochen gefunden worden. Allerdings sind die Maschinen gut gegen den Blitz gerüstet. Einschläge sind gar nicht so selten, aber normalerweise setzen sie nach einem physikalischen Gesetz (dem sogenannten Faraday'schen Käfig) ihren Weg Richtung Erde weiter fort. Nur in den 1960er-Jahren war einmal eine Boeing explodiert, als der Blitz in einen Treibstofftank im Flügel einschlug. Theoretisch möglich ist auch, dass der Airbus beim Durchqueren einer Gewitterfront in Turbulenzen geriet oder zerbrach. Flugexperten halten solche Vorfälle aber für "technisch eigentlich ausgeschlossen". Zudem ließe sich dann nicht erklären, warum kein Notruf erging.

Blitzeinschläge sind fast unwahrscheinlich

Flugzeugabstürze durch Blitzeinschläge sind nach Ansicht von Luftfahrtexperten äußerst selten und unwahrscheinlich, sagte das Vorstandsmitglied der Weltpilotenvereinigung IFALPA, Georg Fongern, der Deutschen Presse-Agentur. "Dort im Südatlantik, wo die Air-France-Maschine vermisst wird, gibt es immer mehrere Gewitterzonen", erklärte der Flugkapitän. Da sollte man möglichst herumfliegen. "Gerät man aber doch mal rein und wird auch vom Blitz getroffen, führt das nicht automatisch zum Absturz." (APA/AFP/Stefan Brändle, DER STANDARD Printausgabe 2.6.2009)