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Musiker der Wiener Philharmoniker besuchten Patienten nach Knochenmarktransplantationen

Foto: APA/MEDUNI WIEN

Wien - In der ärgsten vorstellbaren existenziellen Krise kann klassische Musik - auch objektiv belegbar - Menschen helfen. Eine vorläufige und sehr positive Bilanz zogen am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien der Vorstand der Wiener Philharmoniker, Clemens Hellsberg, und Onkologen der Universitätsklinik für Innere Medizin I (Leitung: Christoph Zielinski), nach Besuchen von Musikern bei Patienten unmittelbar nach Knochenmarktransplantationen wegen Blutkrebs. Deren Lebensqualität besserte sich durch die Live-Musik am Krankenbett offenbar deutlich.

Vorspielen am Krankenbett

Vor rund zwei Jahren wurde ein wissenschaftliches Projekt gemeinsam mit den Wiener Philharmonikern aus der Taufe gehoben. Der Leiter der Abteilung für Knochenmarktransplantationen an der Universitätsklinik am Wiener AKH, Peter Kalhs: "Wir haben bisher in die Musiktherapie-Studie 30 Patienten aufgenommen. Zu 15 Patienten kam jeweils drei bis vier Tage nach der Knochenmarktransplantation ein Angehöriger der Philharmoniker in den Vorraum des Krankenzimmers, erklärte sein Instrument und spielte etwa 15 bis 20 Minuten live vor. Das wurde aufgezeichnet, auf CD gebrannt und den Patienten mitgegeben. Die anderen 15 Patienten bekamen eine CD mit Naturgeräuschen (kein Live-Vorspielen eines Musikers, Anm.)."

Befragung und Stressparameter

Einerseits wurde vor und während der Chemo- und Strahlentherapie vor der Knochenmarktransplantation, bei der Transplantation nach vier Wochen und nach drei Monaten die Lebensqualität mit einem wissenschaftlichen Fragebogen erhoben, andererseits wurden während des Vorspielens mit einer speziellen Uhr auch Stressparameter und ihre Veränderungen erhoben.

Positive Reaktionen und Stressabfall

Kalhs über die Ergebnisse: "Patienten bei einer Knochenmarktransplantation stehen unter einem gewaltigen Stress. 80 Prozent der Patienten, die wir gefragt haben, haben mitgemacht. Ein Drittel war vorher schon an klassischer Musik interessiert. Bei allen 15 Patienten, bei denen ein Musiker vorspielte, hatten wir extrem positive Reaktionen." Während der "Musik-Intervention" kam es sofort zu einem Abfall der Erregungsparameter, der sich später weiter fortsetzte. Der Spezialist zitierte eine Patientin: "Durch die Stammzelltherapie (Knochenmarktransplantation, Anm.) habe ich neues Leben für mein blutbildendes System bekommen, durch die Musik ein neues Leben für meine Psyche."

Zumeist waren es Violin-Solopartien von Johann Sebastian Bach oder Kompositionen von Fritz Kreisler, die vorgetragen wurden. Clemens Hellsberg, Vorstand der Wiener Philharmoniker: "Jedes unserer Mitglieder, die das getan haben, ist tief beeindruckt zurückgekommen. 'Das hat mein Leben verändert', haben sie gesagt." Noch nicht geklärt ist, welche Musik sich für die Patienten am besten eignet. Bach-Stücken mit hoch komplizierter Melodik scheinen die Kranken offenbar nicht so gut folgen zu können. (APA)