Nibelungenhof: geradlinige Wirtshausküche ohne künstliche Geschmacksverstärker

Wiener Straße 23
3133 Mitterndorf, Traismauer
02783 63490

Foto: Nibelungenhof
credit schell
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Wir freuen uns": Das fängt ja gut an. Kein Problem in Traismauer, dreimal klassisches Succowell-Menü mit Fisch und Fleisch zu fertigen und einmal ohne diese beiden, meiner Meinung ja nicht unwesentlichen Komponenten: "Wir freuen uns", geht also okay. Wenn man sich rechtzeitig ankündigt. Auch wenn die Succowell-Methode auch als rascher Weg zum gschmackigen Gemüsesaft gepriesen wird: Eine Woche vorreservieren, empfiehlt die Internetseite des Nibelungenhofs. Zimmer, damit nach dem Weineinkauf an Kamp und Traisen und nach dem Menü der Heimweg überschaubar und führerscheinschonend kurz ausfällt. Und los geht's.

Succowell ist, was erklär' ich Ihnen AuskennerInnen, Rainer Melichars Methode, mit Säften und ihren Reduktionen und Ölen und sonstigen Abwandlungen zu kochen und würzen und überhaupt, wenn ich das richtig verstanden habe. Der wunderbar intensiv Erbsenauszug zum krossen Traismaurer Waller (den sogar die Fischverweigererin kostet, und das durchaus zufrieden) mit Paradeisern, Bachkresse und Kren brennt sich selbst in das von einem Tag Weinverkosten etwas lasche Fidlerhirn.

Käse, die wahre Milchschnitte

Die Honigwachtel davor mit Topinamburg und Lardo und Rosmarin eine helle Freude. Das Backerl (obwohl natürlicher Feind der Verkleinerungsform, halte ich mich an die Wirtsangaben) vom Jungrind kommt neben dem Rotweinsaft mit einem Arsenal ebenso erfreulicher Begleiterscheinungen wie legiertem Grünspargel, gefüllter Artischocke, Polenta und Paprikaerdapfel. Die Backe mindestens so gut wie zu Mittag beim Schwarz in Nöhagen. Betonung auf mindestens. Den Bergkäsefan freuen auch die beiden kleinen geronnenen Milchschnitten, einmal würzig, einmal mild, und angenehm überschaubar, man könnte auch sagen: fokussiert. Ich meine das jedenfalls positiv.

Gerahmt, und das muss man sich jetzt nicht bildlich vorstellen, haben diese formidable Folge "Tonis Freilandeier": Vorne mit Forellenrogen, Sauerampfer, Sauerrahm und "Murmelgebäck", hinten süß und fruchtig. Auf dem Eierkarton serviert, und gleich gewaltig viele davon, in mehreren Fruchtgeschmacksrichtungen und Farben, wiederum in der Schale. Die hab' ich dann gleich mitgegessen vor Freude und guter Laune. Verkalken einmal anders.

Diese Fidler-Einlage meint die wunderbarste Vegetarierin der Welt allerdings nicht, wenn sie sich folgendermaßen an ihr Menü im Nibelungenhof erinnert: "S-p-e-k-t-a-k-u-l-ä-r", seufzt sie, meint praktisch alle Gänge für Fleischundfischverweigerer, und "will da unbedingt wieder hin."

Das Salz des Champignons

Ich darf referieren: Mini-Feuerfleck mit Sauerampfer, Sauerrahm, Brokkoli und Filtrat von der roten Rübe. Junge Artischocke mit Pflücksalaten und Topinambur und Zitronenkaramell. Ich zähle Artischocken ja bisher nicht zu meinen Lieblingen, aber die hier war schon ziemlich super. Champignonfiltrat, eine leichte Suppe, mit Petersilöl und Champignonsalz. Wenn ich mich nicht täusche, entsteht das Salz durch Langzeitniedertemperaturbacken der festen Rückstände vom Saftmachen.

Ein Erdäpfelbrätling, in Paprikaauszug geschmort, mit Lauch und Safranfond und Kren. Der Traisentaler Grünspargel als Hauptgang mit Paradeiser und Erbsenreduktion (yeah!), Polentacreme (yummy!) und Rosmarin. Und als Dessert laut meiner Begleiterin eine Art Creme brulee, laut meinem Spickzettel eine Böhmische Germtarte mit Powidl und Vanillesauce. Wir einigten uns auch hier auf: spektakulär.

Spektakulär auch das Preis/Leistungsverhältnis, auch da geb' ich doc w gerne Recht: 50 Euro für einen Fünfgänger. Da freuen wir uns gleich noch mehr, und wie!