"One could say my life itself has been one long soundtrack. Music was my life, music brought me to life, and music is how I will be remembered long after I leave this life. When I die there will be a final waltz playing in my head, that only I can hear", zitierte die Tageszeitung The Guardian am 31. März den Oskar-prämierten Komponisten Maurice Jarre, um dessen Nachruf einzuleiten. Wie zahlreiche andere englischsprachige Tageszeitungen, Webportale und Blogs sah der Autor darin den perfekten Weg, um den französischen Starkomponisten zu verabschieden.
Fake
Doch wie sich einige Tage später herausstellte, hatte der 84-jährig verstorbene Jarre diese Worte niemals von sich gegeben. Tatsächlich stammen sie aus der Feder des 22-jährigen Shane Fitzgerald, der am Tag vor Jarres Tod das Zitat in den Wikipedia-Eintrag über den Komponisten eintrug, um zu zeigen, wie leichtfertig Journalisten die freie Online-Enzyklopädie als Quelle für ihre Artikel gebrauchen.
Obwohl Manipulation des Artikels als Vandalismus angesehen werden könnte, betont der junge Soziologie- und Wirtschaftsstudent der Universität Dublin, er habe damit ein Experiment durchführen wollen.
Kein Profi
Um sein Experiment umsetzen zu können, musste Fitzgerald keine besonderen Computerkenntnisse aufweisen. Wikipedia ermöglicht es allen Nutzern Artikel zu editieren. Kontrolliert werden die Einträge auf ehrenamtlicher Basis von erfahrenen Autoren. Das gefälschte Zitat wurde sogar rasch entlarvt und gelöscht, da der Student keine valide Quelle angeben konnte. Nach mehrmaligen Versuchen blieb die Textzeile aber dann doch noch lang genug online, um von Medien aufgenommen zu werden.
Moral von der Geschichte
Laut The Guardian habe der Redakteur nur wenige Stunden Zeit gehabt, um den Nachruf aufzusetzen. Der Zeitdruck führte dazu, dass er die Quelle nicht überprüfen konnte. Aus Sicht der Zeitung sei die Moral von der Geschichte aber nicht, dass Wikipedia als Informationsquelle gemieden werden solle, sondern, dass Journalisten immer die Quelle überprüfen müssten - so, wie es im Uni-Lehrbuch geschrieben steht. (zw)