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Grafik: APA

Washington/Mailand - Nach einer monatelangen Hängepartie hat Chrysler Insolvenz angemeldet. Der Konzern beantragte am Donnerstag in New York Gläubigerschutz. Mithilfe des italienischen Autoherstellers Fiat hofft der Detroiter Konzern wieder in eine bessere Zukunft fahren zu können. Zuvor waren Umschuldungsverhandlungen mit einem Teil der Gläubiger in den USA gescheitert. Es ist laut Experten die bisher größte Pleite eines Autoherstellers.

Neue Struktur

Chrysler hofft, binnen 60 Tagen die Partnerschaft mit Fiat unter Dach und Fach zu haben und mit einer neuen Unternehmensstruktur in die Zukunft zu gehen. Die US-Regierung ist dem Vernehmen nach bereit, den Neuaufbau des drittgrößten US-Autoherstellers (nach General Motors und Ford) mit acht Milliarden Dollar (rund sechs Mrd. Euro) zu unterstützen. Sie hat Chrysler seit Jahresbeginn bereits Darlehen im Umfang von vier Milliarden Dollar gewährt.

Die Italiener werden sich vorerst zu 20 Prozent an der neuen Gesellschaft, die aus dem Insolvenzverfahren hervorgeht, beteiligen. Binnen drei Jahren soll die Beteiligung auf 35 Prozent und nach 2013, wenn Chrysler einen Großteil seine Schulden an den Staat zurückgezahlt hat, auf mehr als 50 Prozent erhöht werden. Die Italiener investieren kein Geld, sondern nur Technologie. Chrysler soll künftig spritsparende Autos auf der Basis von Fiat-Modellen wie Punto und mit Fiat-Motorentechnik bauen.

Italienische Medien euphorisch

In Italien ist der Einstieg des Turiner Autobauers Fiat bei Chrysler auf ein äußerst positives Echo gestoßen. Italiens Staatspräsident Giorgio Napoletano kommentierte den Deal als internationalen Vertrauensbeweis gegenüber den Managern, Technologien und Technikern des Landes. Einzig Oppositionsführer Antonio Di Pietro meldete Zweifel an, das Abkommen könnte sich negativ auf die Beschäftigung in den sieben italienischen Fiat-Werken auswirken. Fiat hat derzeit bereits mehr als 5.000 Arbeitnehmer auf Kurzarbeit gesetzt.

Auch die italienischen Medien zeigten sich überwiegend euphorisch. "Fiat landet in den Staaten" titelte die römische Tageszeitung La Repubblica und der Mailänder Corriere della Sera machte mit der Schlagzeile auf: "US-Präsident Obama lanciert die Fusion Fiat Chrysler." Die linke Parteizeitung L'Unità hegt ebenfalls keine Zweifel am Erfolg, den Italiens größtes privates Industrieunternehmen durch seinen Einstieg beim drittgrößten US-Autokonzern verbuchen werde. Schließlich sei es Firmenchef Sergio Marchionne auch gelungen, innerhalb von drei Jahren den maroden Fiat-Konzern zu sanieren.

Analysten befürchten allerdings, dass die Beteiligung bei Chrysler dem mit 14,5 Mrd. Euro hochverschuldeten Fiat Konzern mehr Geld kosten könnte, als erwartet. Marchionne wolle keinen Cent für den US-Konzern ausgeben. Doch Synergien werden erst in mehreren Jahren zum Tragen kommen und inzwischen seien Investitionen nötig, heißt es.

"Perfekter Partner Opel"

Im Zug des Chrysler-Einstiegs wird spekuliert, dass Fiat-Chef Sergio Marchionne selbst zusätzlich die Führung des US-Herstellers übernehmen könnte. Dieser hat derzeit jedoch noch ganz andere Pläne: Jetzt macht er offen dem deutschen Autobauer Opel Avancen. "Nun müssen wir uns auf Opel konzentrieren. Sie sind unsere perfekter Partner", sagte er der Zeitung La Stampa. Das Interesse der Italiener an der GM-Tochter hatte sich bereits in den vergangenen Wochen abgezeichnet. Ein Opel-Sprecher wollte sich zu Marchionnes Vorstoß nicht äußern. "Wir freuen uns über das Interesse von verschiedenen Seiten" , sagte der lediglich. (tkb, red, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2./3.5.2009)