Klaus Eberhartinger

Foto: derStandard.at/Marietta Türk

"Man muss zu einem Baum hingehen, damit man hinaufsteigen kann", meint Klaus Eberhartinger zum Thema Karriereplanung. Er selbst habe seine Karriere nie geplant, Türen haben sich geöffnet und Chancen aufgetan. Mit Marietta Türk sprach er für das Karrieretelegramm über persönliche Erfolge, Politik und die notwendige Teilhabe an der "Bussi-Bussi-Gesellschaft".

derStandard.at: Was war Ihr Traumberuf in der "Sandkiste"?

Eberhartinger: Als Dreijähriger wollte ich einmal Pfarrer werden, weil mich Pfarrer beeindruckt haben. Später wollte ich Naturforscher werden. Dann hat es in den 1950ern viele Berichte über die Atomkraft gegeben, da war dann Atomforscher interessant. Ein weiterer Berufswunsch, der mich bis zum Studium verfolgt hat, war Gehirnchirurg.

derStandard.at: Sie haben dann ja auch in Graz Medizin und Psychologie studiert.

Eberhartinger: Medizin habe ich deswegen studiert, weil ich nicht genau wusste, was ich studieren sollte und weil in der Familie meines Vaters viele Mediziner waren. Ich habe auch den ersten Sezierkurs absolviert.

Das Medizinstudium hatte ich aber abgebrochen für eine Afrikareise und wollte dann Psychologie studieren und die Welt verbessern. Ich wollte aber auf keinen Fall in den Therapiebereich gehen. Ich bewundere Leute, die sich das umhängen. Meine Psychologie-Dissertation habe ich zum Thema "Gewinnaufteilungsverhalten", wo es eigentlich um Umverteilung geht, geschrieben, habe sie aber abgebrochen. Der Doktortitel war mir nicht so viel wert, dass ich ihn unbedingt haben musste.

derStandard.at: Warum haben Sie nicht noch fertig studiert?

Eberhartinger: Der Thomas Spitzer ist dazwischen gekommen und wollte mich als Sänger bei der EAV. Ich habe gesagt, ich springe ein, daraus ist, wie man weiß, mehr geworden.

derStandard.at: In Interviews haben Sie sich schon öfter sehr politik-interessiert gezeigt. Wäre Politiker ein Job für Sie?

Eberhartinger: Beim Medizinstudium bin ich mit Hochschulpolitik in Berührung gekommen. Ich habe mich dann irgendwann gefragt, was ich an einem Institut mache, an dem relativ viele Studenten Schmisse im Gesicht haben. Das hat mich in die Arme des KSV (Kommunistischer Studentenverband) getrieben, wo ich viel gelernt habe. Die Sozialphilosophen des 19. Jahrhundert kann man schon lesen.

Ich habe auch damit geliebäugelt, eventuell einen Schritt in die Politik zu machen - wobei mir die parteipolitischen Karren, die man sich in der Politik umhängt schon immer sehr suspekt waren. Da gibt es so viel Zwänge und Kompromisse.

derStandard.at: Haben sie Wünsche an die Politik?

Eberhartinger: Durch die Globalisierung ist es einer nationalen Regierung gar nicht mehr möglich, ganz frei zu entscheiden. Aber man muss sich einig sein und nicht immer aus machtpolitischen Gründen das Auge auf Wählerstimmen haben - das ist wie die reine Quotenjagd beim Fernsehen. Ich glaube nicht, dass Scheiße genießbarer ist, weil tausend Fliegen drauf sitzen.

derStandard.at: Was bedeutet für Sie Karriere?

Eberhartinger: Oft ist die Frage ‚was werde ich' gleichzeitig mit der Angst verbunden, das für den Rest meines Lebens machen zu müssen. Die Konsequenzen sind dann ganz große Entscheidungsschwierigkeiten. Ich glaube, dass man am Anfang einfach eine Entscheidung treffen muss. Aber keine ursprünglich eingeschlagene Richtung ist die endgültige. Man muss seinen Weg gehen und dann gehen Türen auf, die man vorher nicht einmal gesehen hat. Ich kann auf keinen Baum hinauf steigen, wenn ich nicht hin gehe. Und ich kann auch nirgends hinunter springen, wenn ich zu keiner Kante hin gehe. Ich selbst bin sicher keiner, der die Karriere geplant hat. Ich habe einfach alles Mögliche gemacht und dann ist mir halt die Showbranche passiert.

Auch das mit dem Singen bei der EAV hat sich ergeben, der Gert Steinbecker ist ausgefallen und dann waren nur mehr der Thomas Spitzer und ich da und ich musste singen. Dann haben wir diesen Terzgesang entwickelt und sind eher auf Interpretation gegangen - das war aber dann auch das Erfolgsrezept.

derStandard.at: Die EAV hat in den vergangenen Jahren ein Revival erlebt. Wie ist das Gefühl musikalisch wieder Erfolg zu haben?

Eberhartinger: Wir spielen seit fünf Jahren nicht nur regelmäßig, sondern auch heftig, aber zu 90 Prozent in Deutschland. Dort haben wir eine sehr gute Agentur. Begonnen hat es mit dem Jubiläumsalbum "100 Jahre EAV ... ihr habt es so gewollt!!", einer so genannten Jubiläumstournee, die super angekommen ist und wo wir auch wieder sehr viel junges Publikum angesprochen haben. Der Kultcharakter der EAV ist zu tragen gekommen, gemeinsam mit neuen Songs.

Ich spiele für mein Leben gern, trete sehr gerne auf. Heuer haben wir noch zirka 50 Konzerte, auch in Österreich. In Deutschland ist aber der Markt größer, man hat mehr Möglichkeiten. In Hamburg in der großen Markthalle waren zum Beispiel 2.000 junge Leute - das war ein Wahnsinn - wie in alten Zeiten. Dieses Überzeichnen, das sich lustig machen - das Publikum begreift, dass das nicht nur Blödelei ist sondern auch ein bösartiges Augenzwinkern dahinter steckt.

derStandard.at: Reizt auch ein - im Vergleich zu den Hochzeiten der EAV - kleines Publikum?

Eberhartinger: Ein kleineres Publikum mit 2.000 bis 3.000 Menschen musst du noch richtig bespielen, die musst du holen und das ist eigentlich lustiger. Es ist keine "g'mahte Wiesn", da muss man schon "einehackeln". Bei großen Mengen ist egal, was du oben machst, da ist alles leinwand.

derStandard.at: Die EAV war kommerziell nicht immer erfolgreich. Gab es auch einmal Existenzängste?

Eberhartinger: Manchmal habe ich mich schon gefragt was ich da mache, weil ich auch an meine Existenz denken musste. Aber dass man für etwas brennt, ist auch das Geheimnis, warum man es dann auch schafft. Das sind auch die notwendigen Kilometer, die man geht, um dann schließlich irgendwann vom Erfolg überrascht zu werden. Der Kleinkunstpreis Berliner Wecker, den wir damals bekommen haben, war schon toll, aber der kommerzielle Erfolg kam erst später mit „Alpenrap", „Afrika" und „Banküberfall".

derStandard.at: Jetzt sieht man Sie auch öfter im Fernsehen als Moderator, Juror oder Entertainer. Was reizt Sie am Fernsehen?

Eberhartinger: Zuerst habe ich bei "Was gibt es Neues?" mitgemacht. Mir war klar: Das Fernseh-Netzwerk ist eines, das ich mir erst holen muss. Da hilft mir der alte Name gar nichts. Das Fernsehgeschäft ist etwas ganz anderes. Dann hatte ich das Glück bei Dancing Stars eingeladen zu werden. Ich habe nie gedacht, dass ich so weit komme und schon gar nicht, dass ich gewinne. Aber ich habe es ernst genommen und es hat mir Spaß gemacht. Ich habe auch jeden Ferialjob ernst genommen, den ich jemals gemacht habe - Paketpostler, oder Bäcker.

Dieser Sieg bei Dancing Stars allerdings, der alle überrascht hat und mich nicht zuletzt, der hat ein Revival des Namens Eberhartinger und EAV bewirkt. Man braucht schon auch Glück in der Karriere. Bei Starmania werden auch keine Stars gemacht, da werden im günstigsten Fall Leute mit Potenzial genommen und in die Höhe geworfen - und die machen dann mit viel viel Arbeit etwas daraus oder nicht. Christina Stürmer ist die einzige, die das bisher geschafft hat.

derStandard.at: Was ist manchmal schwierig für Sie?

Eberhartinger: Ich sage zwar immer, ich bin nicht im Stress, ich habe nur viel zu tun. Aber wenn ich anfange der Zeit hinterher zu laufen, keine Vorbereitungsphasen und keine Erholungsphasen mehr habe, praktisch die Kontrolle verliere, komme ich ins Schleudern. Dann muss ich aussteigen.

derStandard.at: Wie lebt es sich in der Seitenblickeszene?

Eberhartinger: Es ist fad, man trifft immer die gleichen Leute. Wenn ich aber zu einer Veranstaltung gehe und treffe den Niavarani einmal privat, dann ist das herrlich. Aber man muss trotzdem arbeiten. Mühsam sind Termine, wo man sein soll oder sein muss. Da gibt es schon viel "Bussi, Bussi" und dann bist du auf einmal am Foto mit Menschen, was nicht unbedingt sein müsste. Aber da bedient man dann die Medien. Die öffentliche Gesichtswäsche gehört dazu. Den Boulevard muss man halt auch bedienen. Manchmal frage ich mich aber schon, ist das schon Prostitution, verkaufe ich mich?

derStandard.at: Wie entspannen Sie sich?

Eberhartinger: Im normalen Alltag kann ich so gut wie gar nichts lesen. Ich fange gar nicht an, ein Buch zu lesen. Ich brauche drei Wochen bis ich auf ein Niveau komme, wo ich die Langsamkeit des Sein wieder sehe. Dann schaue ich in den Nachthimmel in Kenia, wo ich ein Drittel des Jahres verbringe und gehe am Strand spazieren. Ich habe auch angefangen zu Kitesurfen. Das ist unglaublich hektisch und anstrengend, aber es entspannt mich, weil es mich ablenkt. Ein körperlicher Ausgleich ist ganz wichtig, aber es ist schwer sich zu überwinden. Ich gehe auch gerne ins Kino - ich tauche ein in den Film, bin dann in einer anderen Welt. (derStandard.at, 25.5.2009)