Grüne Lungen im Reich der Mitte: Chinesische Böden und Wälder nehmen ein Drittel des in China ausgestoßenen CO2 auf.

Foto: Chengyang Zheng

London - Wann wachsen Pflanzen eigentlich am besten? Im direkten Sonnenlicht unter klarem Himmel möchte man meinen - stimmt aber nicht. Sie haben es lieber, wenn es diesig ist. Das wiederum hat Auswirkungen auf ihre Aufnahme von Kohlendioxid - und damit auch auf den Klimawandel, wie ein Forscherteam aus England und der Schweiz im britischen Wissenschaftsmagazin "Nature" (Bd. 458, Nr. 1014) berichtet.

Das verstärkte "Global dimming" der vergangenen Jahrzehnte geht vor allem auf Aerosole zurück, die sowohl durch Vulkanausbrüche wie durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern in die Luft gelangen können. Zwei ihrer kühlenden Effekte sind der Wissenschaft längst bekannt: Aerosole werfen erstens Sonnenlicht direkt zurück ins All und sorgen zweitens für dichtere Wolken, die ebenfalls Licht reflektieren, ehe es die Atmosphäre erwärmt.

Nach den Untersuchungen von Linda M. Mercado und Kollegen gibt es aber noch einen dritten Effekt: Die winzigen Abgasteilchen streuen das Sonnenlicht besser, was wiederum zur Folge hat, dass es von allen Seiten auf die Blätter fällt. Die Pflanzen können dadurch mehr Licht für ihr Wachstum verwenden und damit mehr Kohlendioxid aus der Luft aufnehmen. Wie die Forscher errechneten, bewirkten die Strahlungseffekte der Luftverschmutzung, dass von 1960 bis 1999 rund zehn Prozent mehr Kohlenstoff von Landpflanzen gebunden wurde.

Das Problem dabei: Für uns Menschen sind Aerosole in der unteren Atmosphäre schädlich. Wenn wir aber unserer Gesundheit wegen für eine sauberere Luft sorgen, wird es viel schwerer, den gefährlichen Klimawandel mittels Kohlendioxidreduktion zu vermeiden, so die Forscher.

Ebenfalls in der aktuellen Ausgabe von "Nature" (S. 1003) haben Forscher berechnet, wie viel CO2 in China von der sogenannten terrestrischen Biosphäre - also von Wäldern und Böden - aufgenommen wird. Das Reich der Mitte hatte 2006 die USA als Spitzenreiter beim CO2-Ausstoß überholt.

Wie Shilong Piao von der Universität Peking mit Kollegen herausfand, wird der Treibhausgas-Ausstoß durch Chinas grüne Lungen einigermaßen abgefedert: Sie nahmen zumindest noch in den 1980er- und 1990er-Jahren zwischen 28 und 37 Prozent des menschlich verursachten CO2 auf. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 23. 4. 2009)