Aus dem Angebot:
Engelbüste
(5500-6500 €)

Foto: Dorotheum

Wien - "Provinzieller Ohrenbackensessel", lindgrün bezogen und mit "Altersspuren", geschätzt für 1000 bis 1200 oder doch lieber ein "Grottenmöbel"? Beides findet sich bei der am 26. März stattfindenden Möbelauktion des Dorotheums in einer Auktionswoche, die neben dem Glanzpunkt Alte Meister (27. 3.; STANDARD-Vorbericht nächste Woche) noch Glas und Porzellan (24. 3.), Juwelen und Skulpturen anbieten wird.

Obiger Ohrenbackensessel stammt aus der "Möbel und dekorative Kunst"-Offerte, welche sich zum Großteil (50 Posten) aus der Sammlung Habsburg-Lothringen speist, aus dem ehemaligen Besitz des Erzherzogs Franz Joseph. Monarchisten-Nostalgiker können sich zudem für wohlfeile 4000 bis 6000 Euro zwei dunkelrosa Keramikbüsten von Kaiser Franz Josef und Kaiserin Elisabeth auf die Kredenz stellen. Vielleicht gleich einen Heiligen vom Segment "Skulpturen" dazu, dann kann Kirche und Adel noch einmal vergangene Zeiten hochleben lassen. Wer kauft die (katholischen) Heiligenplastiken, außer im Kernsammelgebiet, dem süddeutschen Raum?

Hans Jörg Erler, seit vier Jahren Skulpturenexperte im Dorotheum, freut sich, nach eigenen Angaben, zum (Wieder-) Aufbau eines Sammlermarkts in Österreich beigetragen zu haben. Und meint dazu: Kein hl. Sebastian oder Ecce Homo sei beliebt, sondern "nette Heilige. Auch bei einer Piet`a um 1420 geht es nicht so sehr um die Darstellung, das Thema, sondern um Qualität und Rarität." Zu dieser kann man eine neu zugeschriebene Guggenbichler-Skulptur, vormals Schwanthaler, zählen oder ein Madonnenrelief von Johann Franz Schwanthaler, vormals (dessen Vater) Thomas Schwanthaler (32.000-34.000 Euro). Einem Power-Ranger ähnlich sieht das Kuriosum eines gestiefelten Renaissanceengels (2200-2400€).

Bei Glas und Porzellan wird diesmal wieder das größte Augenmerk auf Meissen gelegt, wobei einige Objekte aus der Pionierzeit stammen und noch dazu vom ersten bedeutenden Porzellanmaler Johann Gregorius Höroldt in chinesischem Stil bemalt wurden. Das heimische "Männerbüro" könnte etwas für seine Ausstattung investieren, und zwar mit dem Ankauf des Kothgasser-Ranftbechers mit der Aufschrift "Ehret die Männer" (um 1825, 4000-7000 €).

Skurril muten drei ausgefallene Porzellanwerke an - das wären einmal zwei Teekannen in der Form eines sitzenden Hahnes, nach einem Modell von Hans Joachim Kändler 1742 gefertigt (jeweils 5500-9000 €). Das andere Wunderwerk ist ein filigraner Porzellanblumenstrauß im Blumenkorb, der unvergängliche 9000 bis 15.000 Euro kosten soll.
(DER STANDARD, Printausgabe, 13.3.2003)