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Finanzminister Josef Pröll als scheinbar teilnahmsloser Zeuge, während Bundeskanzler Werner Faymann in der Debatte um Vermögenssteuern zurückrudert.

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Wien/Linz - Oberösterreichs SP-Chef Erich Haider befeuert im Gespräch mit dem Standard jene Debatte, die Bundeskanzler Werner Faymann lieber kleingehalten hätte: "Diese Diskussion fangen wir jetzt an" , sagt er und meint die stärkere Besteuerung von Reichen. "Die, die mehr haben, müssen mehr Beiträge leisten als die, die wenig haben." Im Jahr 2009 sei "der Kapitalismus vor die Hunde gegangen" , sagt er. "Wir sind die Antwort auf die Krise" , sagt Haider selbstbewusst. Der Oberösterreicher fordert, ganz massiv gegen Spekulationen und Börsengeschäfte vorzugehen. Jedwede Finanztransaktion, also auch der Kauf und Verkauf von Aktien, müsste "sehr hoch besteuert" werden. Ebenso müssten Stiftungen sehr hoch besteuert werden. 

Haider: "Jeder, der mit Aktien handelt, muss spüren, dass er unerwünscht ist." Und: "Alles, was mit Spekulation zu tun hat, ist böse." Er fordert, die Besteuerung von Aktiengeschäften noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen. 

Außerdem plädiert Haider, der heuer im Herbst in Oberösterreich Landtagswahlen zu bestreiten hat, für ein weltweites Verbot von Spekulationen auf Nahrungsmittel, Wasser und Energie, räumt allerdings ein, dass Österreich alleine das nicht umsetzen werde könne. Hier sei die EU gefordert. 

Der Kanzler versucht den Spagat. Er habe "immer klar gesagt" , dass er für eine Entlastung des Faktors Arbeit und eine Belastung von Vermögen sei. Gleichzeitig sei das Thema jetzt nicht aktuell, sagte Faymann am Dienstag nach dem Ministerrat. Seit zwei Wochen wird in der SPÖ nun schon intensiv diskutiert, ob nicht Wohlhabende angesichts der Wirtschaftskrise mehr Steuern zahlen sollen.

Zu Beginn hat sich Faymann noch quergelegt. Neue Steuern seien in dieser Legislaturperiode kein Thema. Nun macht der SP-Chef einen kleinen Rückzieher. "Eine Partei, die sich nicht mit sozialer Gerechtigkeit beschäftigt: Was ist das für eine Partei?" , fragte der Kanzler. Deshalb sei eine Diskussion, wie man mittel- und langfristig mehr Steuergerechtigkeit erzielen könne, "wichtig" . Die Thematik solle von der im Regierungsprogramm ohnehin geplanten Reformkommission behandelt werden, die eine Strukturreform des Steuersystems erarbeiten soll.

Verschiedene Vorstellungen

Dass der neben ihm sitzende Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) auch im Zuge einer Strukturreform keine Vermögens- oder Vermögenszuwachssteuern sieht, störte den Kanzler nicht. Es dürfe nicht überraschen, dass zwei verschiedene Parteien unterschiedliche wirtschaftspolitische Vorstellungen hätten.

Beim Volumen einer Vermögensbesteuerung zeigte sich der Kanzler aber vorsichtig. "Ich sehe nicht, wie durch eine Vermögenssteuer vier Milliarden Euro eingebracht werden können, ohne Häuslbauer und Kleingärtner zusätzlich zu belasten. Das ist schlicht und einfach unmöglich." Wenn am Schluss aber die "Superreichen" für die Schäden bezahlen, die sie jetzt angerichtet hätten, sei das "immer Thema für die SPÖ" . Faymann kann sich am ehesten eine europäische Transaktionssteuer vorstellen, gestand aber ein, dass sich der Widerhall in anderen Ländern in Grenzen hält.

Ganz klar verlaufen die Fronten aber auch in der ÖVP nicht. Nachdem der Diskussion zuletzt schon einige VP-Arbeitnehmervertreter Positives abgewinnen konnten, gab es am Dienstag von Tirols Landeshauptmann Günther Platter kein kategorisches Nein: "Die Diskussion kann man durchaus führen."

Während Kanzler Werner Faymann in der Debatte über Vermögenssteuern zu beschwichtigen versucht, erklärt Oberösterreichs SP-Chef Erich Haider jede Form von Aktiengeschäften und Spekulationen für unerwünscht. (Günther Oswald, Michael Völker, DER STANDARD-Printausgabe, 15. April 2009)