Köln - Bilfinger Berger, Strabag, Wayss & Freytag - die Liste der durchsuchten Firmen liest sich wie das Who's who der deutschen Baubranche. Allein in Köln klingelten rund 200 Fahnder am Dienstagmorgen 40-mal bei Unternehmen, die am Kölner U-Bahn-Ausbau beteiligt sind. Auch die Verkehrsbetriebe der Domstadt mussten Akten rausrücken. Bundesweit wurden 16 weitere Büros und Wohnungen durchsucht.

Mit dieser Großrazzia versucht die Staatsanwaltschaft endlich Licht in den Einsturz des historischen Stadtarchivs zu bringen. Dieses und zwei weitere Häuser waren am 3. März in sich zusammengestürzt. Zwei junge Männer starben, dutzende Menschen verloren ihre Wohnungen, unersetzliche historische Dokumente des Archivs (darunter der Nachlass von Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll) wurden zerstört.

Die genaue Ursache für den Einsturz ist unklar. Experten gehen aber davon aus, dass Pfusch beim Bau der U-Bahn der Auslöser für das Unglück war. So musste das Wasserdezernat in Köln mittlerweile einräumen, dass beim Bau 19 Brunnen-Bohrungen erfolgten, die zuvor nicht genehmigt worden waren. Außerdem stellte sich heraus: Bauprotokolle, in denen schon ein halbes Jahr vor dem Einsturz des Archivs Zwischenfälle beim U-Bahn-Bau vermerkt wurden, sind vom Bauherren (Kölner Verkehrsbetriebe) vertuscht worden.

Die Polizei betonte am Dienstag nach der Großrazzia, es gebe keinen Anfangsverdacht gegen eine bestimmte Person. Sie ermittelt weiter wegen "fahrlässiger Tötung gegen Unbekannt" . Ein politisches Opfer forderte der Einsturz bereits. Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU), der wegen schwachen Krisenmanagements in der Kritik steht, tritt im Sommer nicht mehr zur Wahl an. Die CDU sucht nun einen Nachfolger, im Gespräch ist Konrad Adenauer, der gleichnamige Enkel des ersten deutschen Bundeskanzlers.

In Bergheim bei Köln stürzte am Dienstag ein Einfamilienhaus ein. Eine 37-jährige Frau wurde dabei schwer verletzt, die Ursache des Einsturzes ist unklar. (bau, DER STANDARD - Printausgabe, 1. April 2009)