In Brooklyn, als die Jugend von der Hand in den Mund lebte: Manolo Palma, M. Mamedof (v. li.).

Foto: Th. d. Jugend

Neil Simons Brooklyn Memoiren sind beim zweiten Hinschauen ein Stück der Stunde: Sie führen mitten hinein in die Welt der Armut (New York in den späten 1930ern). Sie erzählen aus der Warte des Baseball-begeisterten Halbwüchsigen Eugene (Matthias Mamedof) vom zähen Zusammenhalt einer siebenköpfigen Familie in Brooklyn, die vom "American dream" nichts anderes erbt als die Fähigkeit, die Familienbande auszuprägen und eine störrische Würde zu bewahren.

Den Zumutungen der drückenden materiellen Not wird mit trockenem jüdischen Witz begegnet. "Kann sich unsere Familie im Augenblick Prinzipien leisten?", fragt eine der Figuren auf der Bühne des Renaissancetheaters. Man kann mindestens 13-Jährigen ein schönes Vorgefühl davon vermitteln, was es heißt, sich künftig an Woody-Allen-Filmen delektieren zu dürfen. Man kann - mit Blick auf den formidabel pubertierenden "Eugene" Mamedofs, der einen prächtigen Stand-up-Comedian antäuscht - sich auf das Erwachsenwerden diffus freuen. Man möchte der zum Teil doch arg gemächlichen Inszenierung Folke Brabands ihre Kompatibilität mit braunstichigen Fernsehästhetiken aus den 1970ern nicht wirklich zum Vorwurf machen. Seien wir krisenfest! Vertrauen wir auf die Kraft der Langsamkeit! (poh, DER STANDARD/Printausgabe, 31.03.2009)