Die Künstlerin hatte seit den 30er Jahren das Alltagsleben auf den Straßen der Großstadt auf unvergleichliche Weise eingefangen.

Arbeiten der Künstlerin sind in der Ausstellung "Bright Lights, Big City" bis 24. Mai im Wien Museum zu sehen.

Foto: Helen Levitt Courtesy Laurence Miller Gallery, New York

New York- Die Fotografin Helen Levitt ist im Alter von 95 Jahren gestorben. Mit ihren einfühlsamen, poetischen Bildern von spielenden Kindern, Armen und Alten in New York hat sie weltweit Aufsehen erregt und wurde zur Ikone der US-Straßenfotografie. In Deutschland zeigte das Sprengel Museum in Hannover im vergangenen Jahr eine umfassende Werkschau. Levitt sei am Sonntag in ihrer Wohnung in Manhattan im Schlaf gestorben, sagte ihr Bruder Bill Levitt der "New York Times" vom Montag.

Alltagsleben

Die Künstlerin hatte seit den 30er Jahren das Alltagsleben auf den Straßen der Großstadt auf unvergleichliche Weise eingefangen. Ihre Bilder scheinen zu leben, die Figuren zu tanzen. Zu ihren bekanntesten Werken gehört eine Aufnahme von vier kleinen Mädchen, die vom Gehsteig aus fasziniert dem Spiel von Seifenblasen folgen. "Die Ästhetik ist bereits in der Wirklichkeit vorhanden", sagte sie einmal.

1913 als Tochter einer künstlerisch interessierten, russisch-jüdischen Immigrantenfamilie geboren, machte Levitt nach einem abgebrochenen Studium in New York Bekanntschaft mit den berühmten Fotografen Henri Cartier-Bresson und Walker Evans. Bald begann sie selbst mit einer Leica die Arbeit, schon 1943 bekam sie ihre erste Solo-Ausstellung im New Yorker Museum of Modern Art. Sie habe etwas mit Kunst machen wollen, könne aber nicht zeichnen, erzählte sie später.

1997 zur documenta

Nach dem Krieg wechselte Levitt ins Filmfach und arbeitete unter anderem für Luis Bunuel. Ihre Streifen gelten als Vorläufer des unabhängigen Low-Budget-Films. Die Dokumentation "The quiet one", in Zusammenarbeit mit dem Dichter James Agee und der Malerin Janice Loeb entstanden, wurde 1948 für einen Oscar nominiert.

Ende der 50er Jahre kehrte die als ausgesprochen publikumsscheu geltende Künstlerin zur Fotografie zurück, zunächst mit Farbbildern, später wieder mit Schwarz-Weiß-Aufnahmen. 1997 nahm sie an der documenta in Kassel teil. Im vergangenen Jahr erhielt sie nach zahlreichen anderen Ausstellungen und Auszeichnungen den internationalen Fotopreis "Spektrum" der Stiftung Niedersachsen.

Gesundheitlich seit langem angeschlagen, war Levitt in den letzten Jahren immer weniger in ihrer geliebten Stadt unterwegs. "Früher spielten die Kinder draußen", sagte sie. "Heute sind die Straßen leer. Die Leute sind im Haus und sitzen vor dem Fernseher." (APA)