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Der Beruf der Kindergartenpädagogin muss - neben anderen feminisierten Sparten - dringend eine Aufwertung erfahren: Sonst kippt die Idee vom Gratiskindergarten in einen Alptraum von Gratiskinderverwahrungsstätten. Und Mütter müssen sich erneut mehr dafür rechtfertigen, ihren Nachwuchs dahin "abzuschieben".

Foto: APA/AP/Daniel Roland

Was kann frau sich besseres wünschen als Familie? Dass sie ihr gewohntes Leben nicht aufgeben muss, um diese zu gründen. Deshalb gibt es Kinderbetreuungseinrichtungen. Anders ist es nicht möglich, Beruf und Kinder unter einen Hut zu bringen, auch wenn ein Partner, eine Partnerin, eine Großmutter, ein Opa mit an Betreuungsbord ist. Denn Arbeitgeber sind hierzulande in den wenigsten Fällen entgegenkommend, wenn es um Flexibilität auf ihrer Seite geht, und nicht um die auf Seiten ihrer ArbeitnehmerInnen. Kinderbetreuungseinrichtungen sind insofern unerlässlich.

Auch unerlässlich ist die Einhaltung eines gewissen erzieherischen Standards in eben diesen. Die soll von ElementarpädagogInnen gewährleistet werden, damit Mutter und Vater auch guten Gewissens arbeiten gehen können - was sie auch ohne dem müssten. Nur will jedes Elternteil sich vergewissern, dass es den Kleinen an dem Ort, wo sie in prägenden Lebensaltern so viel Zeit verbringen, gut geht, ja sich bestmöglich entwickeln. Kinderverwahrungsstätten waren noch nie im Trend. Besonders, weil sich Mütter im Speziellen nicht noch exaltierter rechtfertigen wollen (auch vor sich selber), dass sie ihre Kinder nicht einfach "abschieben". Da gilt die Qualität einer Einrichtung als As im Ärmel. Und überhaupt: Man zahlt doch dafür.

Aber damit soll ab September in Wien Schluss sein. Der Gratiskindergarten für alle kommt, eine löbliche Idee im Ansatz, da einkommensklassenübergreifende Dynamiken erwartet werden könnten, die gleichstellungspolitischen zuträglich sind. Chancengleichheit muss gelebt werden, also sollte man sich tatsächlich schon früh darum kümmern. Nur: Wie soll das konkret aussehen, wenn das Budget für die Kindergärten nicht aufgestockt wird, und die MitarbeiterInnen, zu 98 Prozent Frauen übrigens, bereits jetzt überfordert sind. Nicht wenige entscheiden sich, dem Beruf den Rücken zuzukehren, denn das Gehalt ist viel zu gering, als dass es dem Arbeitsalltag annähernd Rechnung tragen würde.

Wie anstrengend es ist, zwischen kindlichen Bedürfnissen, langen Arbeitszeiten, Reflexions- und Vorbereitungsarbeit, Fortbildungen (die erforderlich sind, aber unbezahlt) und elterlichen Anforderungen zu jonglieren und dann vielleicht auch selber mit einem GeringverdienerInnengehalt knapp überhalb der Armutsgrenze noch diesen Wunsch nach Familie leben zu können, geht im Schul- und LehrerInnen-Hick Hack in der Öffentlichkeit fast gänzlich unter. Allein der Begriff der "Kindergärtnerin" - "Kindergärtner" gibt es ganz wenige - verdeutlicht die Geringschätzung. Von beiden, Kindern und ihren Betreuerinnen. Als wären die Kleinen Pflanzen, die ein paar mal pro Woche gegossen werden müssten und genug Sonne tanken. Eben nicht viel Aufwand. Das Gegenteil ist der Fall.

Es sollte in der gegenwärtigen Diskussion um Bildungspolitik nicht vergessen werden, dass jegliche Veränderung immer  unten beginnen sollte, an der Basis, will sie nachhaltig sein. Und da darf die erste Bildungseinrichtung im Leben nicht außen vor bleiben oder als nachrangig behandelt. Fundierte Ausbildung und adäquates Gehalt für PädagogInnen müssen kommen, wenn der Gratiskindergarten kommt - wenn es auch besser gewesen wäre, zuerst auf Qualitätssicherung in den Einrichtungen zu schauen und dann diese politische Maßnahme zu setzen. Sonst verschwinden all die engagierten PädagogInnen in anderen Berufssparten, in denen sie mehr kriegen, Geld wie gesellschaftliche Anerkennung. Und mit ihnen würde die Idee einer qualitativ hochwertigen Betreuung verschwinden. Und die BesserverdienerInnen mit ihrem Nachwuchs in privaten Einrichtungen - und das war es dann mit der Idee von Chancengleichheit via finanzieller Niederschwelligkeit über den Gratiskindergarten. (bto/dieStandard.at, 31.3.2009)