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Rick Wagoner muss auf Anordnung des Weißen Hauses gehen.

Foto: AP/Osorio

US-Präsident Barack Obama hat zur Sanierung der maroden Autobranche die Handbremse gezogen: Die von Obama eingesetzte Auto-Taskforce lehnte am Montag die Sanierungspläne der Opel-Mutter GM und der früheren Daimler-Tochter Chrysler als unzureichend ab. Die Regierung wolle die Autobauer nicht untergehen lassen, werde jedoch nicht endlos Geld in den Sektor pumpen. "Um es klar zu sagen: Die US-Regierung hat kein Interesse, GM zu führen", sagte Obama. GM-Chef Rick Wagoner trat mit sofortiger Wirkung zurück. Auch der französische Autokonzern Peugeot-Citroën tauschte den Chef aus.

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Washington - In lakonischer Kürze fasste Rick Wagoner das nervenaufreibende Drama zusammen, das seinem Abgang vorausgegangen sein muss. Am Freitag, schrieb er in seiner Abschiedserklärung, habe er sich in Washington mit Mitgliedern der Regierung Barack Obamas getroffen. "Während des Gesprächs baten sie darum, dass ich als Chef von General Motors zur Seite trete. Und so habe ich es getan."

Seit Wochen hing Wagoners Zukunft am seidenen Faden. Der Mann musste um seinen Job bangen, seit Obama die sieche Autoindustrie zur Chefsache erklärte und eigens eine Taskforce gründete, um herauszufinden, ob der marode Riese GM überleben kann. Da war Wagoner längst zum Symbol für die Schwächen der Autobranche geworden: der Kapitän eines Riesentankers, der das Steuer nicht herumwerfen kann.

Es war Steven Rattner, New Yorker Investmentbanker und Chefberater des präsidialen Automobil-Rettungsteams, der Wagoner die schlechte Nachricht überbrachte. Wenn es eine Zukunft für GM gebe, lautete sie, dann nur ohne ihn.

Obama wollte am Montag die Einleitung von Insolvenzverfahren ausdrücklich nicht ausschließen. GM und Chrysler benötigten einen "Neubeginn" , sagte er.

"Dies könnte bedeuten, dass wir unser Konkursrecht nutzen, um eine schnelle Umstrukturierung zu unterstützen." Der Präsident machte klar, dass er eine völlige Zerschlagung der US-Autoindustrie ablehne: "Wir können nicht, dürfen nicht und werden nicht zulassen, dass unsere Autoindustrie einfach verschwindet." Er verkündete eine Serie von Maßnahmen, um den Absatz von Autos zu fördern - unter anderem soll eine Verschrottungsprämie eingeführt werden.

Insolvenzverfahren Option

Seit Dezember haben GM und Chrysler, der kleinere Krisenkandidat, zusammen 17,4 Mrd. Dollar an Bundesmitteln erhalten und das Geld nahezu aufgebraucht. Nun beantragt GM weitere 16,6 Mrd. an Überbrückungshilfe, während Chrysler fünf Milliarden verlangt. Frederick "Fritz" Henderson, General-Motors-Urgestein und der Nachfolger des Geschassten, hat nun 60 Tage Zeit, um eine bessere Strategie vorzulegen. Auch er schloss eine Insolvenz nicht aus. Chrysler bekommt 30 Tage Zeit, um die einzige Lösung anzusteuern, die aus Sicht der Obama-Mannschaft Sinn hat: eine Ehe mit der italienischen Marke Fiat. Bei Chrysler wurde am Montag beteuert, dass die Kooperation fix sei.

Kritiker halten Wagoner seit langem vor, dass er nie das rechte Gespür für die Ware Auto hatte. Unter seiner Regie wurde die Entwicklung moderner Modelle vernachlässigt.

Man konzentrierte sich ganz auf schwere Geländewagen, zumal sie höhere Gewinne versprachen. In dem Maße, wie sich auch amerikanische Autofahrer von den Spritschluckern abwandten, geriet GM gegenüber der Konkurrenz aus Japan, Südkorea und Deutschland immer stärker ins Hintertreffen. Von eigenen Fehlern schrieb Wagoner in seinem Abschiedsbrief nichts, er kehrte Optimismus heraus. "Ignorieren Sie die Zweifler" , legte er seiner Ex-Belegschaft ans Herz. "Ich weiß, dies ist ein Unternehmen mit großer Zukunft."

Obama betonte, dass der Vorgang "keine Verurteilung von Herrn Wagoner" bedeute. "Es ist aber eine Anerkennung der Tatsache, dass es einer neuen Vision und einer neuen Richtung bei GM bedarf." Opel-Betriebsratschef Klaus Franz begrüßte den Rücktritt. Wagoner sei "für ein zentralistisches Geschäftsmodell gestanden, das gescheitert ist". (Frank Herrmann, Washington, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.03.2009)