Bei Bösendorfer spielt es Kurzarbeit. Das Wiener Stammhaus wird aufgegeben. Eigentümer Yamaha muss für den Betrieb mehr als 18 Mio. Euro wert-berichtigen. 2008/09 wurden weniger als 300 Flügel verkauft. Bösendorfer selbst sieht den Vertrieb gut aufgestellt und verspricht, von Kündigungen abzusehen.

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Bösendorfer drohe in Vergessenheit zu geraten, alles stehe und falle mit dem Vertrieb, warnt der frühere Chef der Klaviermanufaktur, Roland Rädler. Der Betriebsrat fürchtet um Arbeitsplätze. Die Geschäftsführung beruhigt.

Wien – "Yamaha ist hier hineingeschlittert. Die Probleme von Bösendorfer hängen nicht mit den neuen Eigentümern zusammen, sie sind auch nicht durch die Wirtschaftskrise entstanden. Es wurde bereits zuvor viel Porzellan zerschlagen."

Roland Rädler führte die Wiener Klaviermanufaktur über Jahrzehnte bis zu seiner Pensionierung 1992 als ihr Vorstandsdirektor. Er wolle sich nicht von außen ins Unternehmen einmischen, sagt er auf Anfrage des Standard. Doch gehe es weiter wie bisher, dann sehe er für den Traditionsbetrieb wenig Zukunft.

Bösendorfer habe kein Qualitätsproblem, meint Rädler, der Betrieb stehe und falle aber mit dem Verkauf. Klaviere in dieser Preisklasse ließen sich nicht vom Schreibtisch aus verkaufen. China etwa sei als Zukunftsmarkt ausgetrocknet worden – obwohl es dort 50 Millionen Klavierspieler gebe. Erst seit wenigen Jahren werde er von einer kleinen Mannschaft bearbeitet. Ähnliches sei mit Russland passiert.

Die Marke drohe in Vergessenheit zu geraten, warnt Rädler. Dass der internationale Vertrieb nun aus Wien zur Produktion nach Wiener Neustadt übersiedelt, das erschwere den Verkauf zusätzlich, gibt er zu bedenken. Wien ziehe Gäste an, sie nach Wiener Neustadt zu holen, werde den Aufwand erhöhen.

Klaviermarkt bricht ein

Die 1828 von Ignaz Börsendorfer in Wien gegründete Klaviermanufaktur spielte 35 Jahre unter dem Dach des amerikanischen Klavierkonzerns Kimball. Die Bawag führte sie 2001 in österreichischen Besitz zurück. Seither geht es bergab. Die Marketingbudgets wurden zusammengestrichen, der internationale Vertrieb auf eine kleine Mannschaft reduziert. Als der japanische Klavierkonzern Yamaha Ende 2007 die Führung übernahm – die Belegschaft machte sich damals öffentlich für ihn stark – hatten sich hohe Verluste angehäuft. Allein im letzten Jahr unter dem Regime der Bawag waren es über zwei Mio. Euro. Im mit Ende März ablaufenden Geschäftsjahr muss Yamaha nun 18,6 Mio. Euro für Bösendorfer wertberichtigen, teilte der Konzern Investoren mit. Die Wirtschaftskrise hat die Japaner selbst erheblich unter Druck gebracht. Der Klavierabsatz bricht ein, Werke werden in Folge zugesperrt, Kosten stark gesenkt.

Der von Bösendorfer ausgearbeitete Sparplan sieht die Auflassung des Stammhauses im vierten Wiener Gemeindebezirk vor. Mitarbeiter werden bei einem freiwillig Abgang Golden Handshakes angeboten. "Wir müssen das erst alles einmal verdauen", so Stefan Radschiner, Betriebsrat in Wien. Die Belegschaft fürchte um ihre Jobs und um die Existenz von Bösendorfer. Acht Jahre Unsicherheit im Haus hätten die Kraft des Betriebs geschwächt.

Er verstehe die Sorgen, sagt Andreas Kaufmann, Verkaufschef von Bösendorfer, aber vieles sei besser, als es wirke. Der Turnaround sei in drei Jahren realistisch, keiner der 160 Mitarbeiter sei bisher gekündigt worden. Die Kurzarbeit in der Fertigung sei ein gutes Zeichen. Allen, die bis jetzt in Wien arbeiteten, würden Jobs angeboten. Bei Härtefällen gebe es faire finanzielle Angebote. Kritik am Vertrieb weist er zurück. "Das Händler-Netzwerk ist jetzt bestens aufgestellt. Wir haben einen neuen Asien-Manager, auch der US-Vertrieb wurde gestärkt." Was den Rückzug aus Wien betrifft, sei dies in Wirklichkeit keiner. Für den Bösendorfer-Saal und Übungsstudios würden in Wien Ersatzräume gesucht, ebenso für die Techniker. Der Österreich-Verkauf bleibe im Stadtsalon im Musikverein. "Wir stärken diesen Standort."

Die Verluste von zuletzt mehr als drei Millionen Euro bestätigt Kaufmann nicht. Das Geschäftsjahr sei zudem nicht beendet. "Wir haben noch vier Tage Zeit, um Klaviere zu verkaufen." Bösendorfer muss, um rentabel arbeiten zu können, jährlich zumindest 400 Flügel verkaufen. Über 700 waren es 1980, unter 300 im Vorjahr. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Printausgabe, 28./29.3.2009)