Vermutlich hätte es ein Befreiungsschlag werden sollen, doch tatsächlich wurde es eine Blamage ohne Ende: Seitdem der ungarische Premier Ferenc Gyurcsány am Sonntag seinen Rücktritt angekündigt hat, dürften die Sozialisten auch den letzten Rest an ihnen entgegengebrachter Sympathie verspielt haben. Sie machten einen schweren Fehler nach dem anderen, hinter den Kulissen herrscht die totale Planlosigkeit.

Zunächst trat Gyurcsány so überraschend zurück, dass keine Zeit mehr blieb, um einen Nachfolger zu benennen. Die Sozialisten wollten aus der Not eine Tugend zu machen und schlugen vor, einen angeblich unabhängigen Wirtschschaftsexperten mit den Regierungsgeschäften zu betrauen. Ex-Notenbankchef György Suranyi hätte den Job gemacht, aber am Donnerstag lehnte er ab, weil ihn die rechtskonservative Oppositionspartei Fidesz nicht unterstützen wollte. Wie konnte nur irgendjemand bei den Sozialisten annehmen, dass die Fidesz deren Wunschkandidaten unterstützen würde? Fidesz kann bei Neuwahlen auf eine Zweidrittelmehrheit hoffen, sie muss nur stillsitzen und abwarten.

Die Beliebtheit der ungarischen Sozialisten ist seit 2006 im Keller. Sie haben an der Regierungsspitze blutige Unruhen überstanden und den Absprung des Juniorpartners überlebt. Mit dem Verwirrspiel der letzten Tage haben sie aber endgültig bewiesen, dass ihnen derzeit jedes Konzept fehlt. Ungarn braucht Neuwahlen. Die Sozialisten müssen sich in der Opposition erneuern. Die Regierung erhält nur noch die Angst vor Neuwahlen am Leben.  (DER STANDARD, Printausgabe, 27.3.2009)