Der Mann hat schon vor seinem Amtsantritt Probleme gemacht: Timothy Geithner "vergaß" einen Teil seiner Steuern zu zahlen, das brachte den designierten US-Finanzminister - und mit ihm seinen Förderer Barack Obama - vor wenigen Wochen gehörig in die Defensive. Mit dem Skandal um die horrenden Bonuszahlungen für die AIG-Versicherungsmanager scheint Geithner endgültig den Nimbus des supersmarten Banker-Wunderkindes, das für den Präsidenten die Finanzkrise managen sollte, eingebüßt zu haben.

Diesmal allerdings kann Geithner weniger für die politische Pleite als noch in seinem Nominierungsprozess. Er steht zwischen den Ambitionen seines Chefs, die gierigen Finanzhaie Mores zu lehren, und der erstaunlichen Unverfrorenheit der Wall-Street-Manager. Die wollen auch nach diversen Bankenhilfspaketen und Finanzspritzen durch die Steuerzahler partout nicht einsehen, dass sich die Zeiten geändert haben - erst dieser Tage etwa wurde bekannt, dass sich der hoch subventionierte JP-Morgan-Vorstand 138 Millionen Dollar für neue Firmenjets genehmigt hatte.

"Da ist die Wall Street dagegen", das war in der Regierung Bill Clintons ein geflügeltes Wort, berichtete dessen Arbeitsminister Bob Reich. Jetzt muss auch Obama erkennen, wie stark noch eine geschwächte Wall Street seine Politik beeinflussen kann. Dafür steht das "Geithner-Syndrom": Big Money und dessen Proponenten lassen die Politik selbst nach dem Offenbarungseid der Wall Street noch auflaufen, obwohl die den Bankern in Person Geithners zuletzt den Gefallen getan hat, Milliarden in eine Bad Bank zu stecken. (Christoph Prantner, DER STANDARD, Printausgabe, 25.3.2009)