Auf dem Brunnenmarkt im 16. Bezirk gibt es eine neue Polizeidienststelle. Türkischstämmige Beamte versehen dort allerdings noch nicht Dienst

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Wien - Zur Eröffnung gab's belegte Brote, Marschmusik und eine Rede vom Landespolizeikommandanten. Die Exekutive, sagte Karl Mahrer, wolle hier am Brunnenmarkt eng mit der Bevölkerung zusammenarbeiten. Bisher war die Wiener Polizei von der Abelegasse aus im Grätzel unterwegs, vor kurzem übersiedelte die Dienststelle mitten ins Marktgebiet.

Direkt am Markt

Seither gehen im neuen Wohnhaus an der Ecke Brunnengasse und Grundsteingasse - dort, wo früher das Kaufhaus Osei stand - Polizisten ein und aus. Das Wachzimmer am Markt, freuen sich rote Bezirkspolitiker, steigere das Sicherheitsgefühl in Ottakring enorm.

Das Brunnenviertel ist ein typisches Zuwanderergrätzel. Selbst der Bürgermeister wählt ein Restaurant in der Brunnengasse, wenn er Journalisten zum Hintergrundgespräch in Sachen Integration bittet. Seit Jahren arbeitet die von der Stadt finanzierte Gebietsbetreuung nicht nur am Aufputz der Gründerzeithäuser im Viertel, sondern ist auch in Sachen besserer Verständigung unterwegs - mittels mehrsprachiger Mitarbeiter.

Keine Türkischsprachigen

In der Wachstube am Markt wird hingegen weiterhin ausschließlich Wienerisch gesprochen. Zumindest vonseiten des Personals. Denn obwohl sich die Polizei in der Hauptstadt seit einem Jahr offensiv um mehr Migranten in ihren Reihen bemüht, hält sich das Interesse von Zuwanderern und deren Nachkommen an der Polizeiarbeit in Grenzen.

Gerade einmal 50 der 5000 Polizisten, die in Wien im Einsatz sind, haben Migrationshintergrund. „Das Schwierigste ist, das gegenseitige Misstrauen abzubauen", sagt Bernhard Perchinig, Integrationsexperte an der Akademie der Wissenschaften: „Hat man das erst einmal bei einer Generation geschafft, wird es künftig kein Problem sein, Migranten für diesen Beruf zu interessieren."

In Sachen Vertrauensaufbau ist in Wien eine „Werbetruppe" der Polizei in den unterschiedlichen Communitys unterwegs. „Wir arbeiten auch sehr eng mit der für Integrationsangelegenheiten zuständigen Magistratsabteilung sowie dem AMS zusammen", sagt Martin Schlosser, Leiter der Abteilung Aufnahme und Ausbildung bei der Polizei. Die meisten jungen Migranten kämen gar nicht auf die Idee, sich für den Polizeidienst zu melden. „Wir versuchen, ihnen zu zeigen, dass das durchaus eine Möglichkeit ist."

Deutsche Wurzeln

Die österreichische Staatsbürgerschaft ist Voraussetzung für die aktive Verbrechensbekämpfung. Heuer hatten immerhin 20 Prozent der Bewerber für die Polizeischule Migrationshintergrund. Im Jahr davor waren es lediglich sieben Prozent. Von den 50 Polizeischülern, die heuer abgeschlossen haben, kommen allerdings nur sieben aus Zuwandererfamilien - wobei zwei davon deutsche Wurzeln haben.

Dass ausgerechnet in der Brunnengasse kein einziger Polizist mit Migrationshintergrund Dienst schiebt, ergibt sich laut Schlosser aus dem Umstand, dass auch in der alten Wachstube in der Abelegasse keine Beamten mit nichtösterreichischer Herkunft saßen. „Mittelfristig macht es dort aber natürlich besonders viel Sinn, mehrsprachige Beamte einzusetzen."

Bis 2012 soll - so zumindest der ehrgeizige Plan - in jeder der gut 100 Polizeidienststellen in Wien mindestens ein Polizist oder eine Polizistin aus einer Zuwandererfamilie sitzen. Derzeit sucht man 450 Auszubildende. (Martina Stemmer, DER STANDARD Printausgabe, 25.3.2009)