Wien - Der von der Commerzbank befürchtete Absturz der deutschen Wirtschaft um sieben Prozent hat die Debatte über den angeblichen Überbietungswettbewerb der Prognostiker intensiviert. Doch auch die deutsche Regierung, von der heftige Kritik an den Revisionen der Ausblicke nach unten kam, muss nun offenbar mitziehen: Laut Bild-Zeitung geht das Wirtschaftsministerium nun von einem Rückgang der deutschen Wertschöpfung von 4,5 Prozent im laufenden Jahr aus. Das entspricht auch dem Durchschnitt der vorliegenden Prognosen, aber einer Verdoppelung der letzten Regierungsschätzung.

Selbstkritik kommt nun vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Prognosequalität lasse "stark zu wünschen übrig", heißt es laut Handelsblatt in einer Untersuchung. Die Wirtschaftsforscher hätten "das Tempo der wirtschaftlichen Talfahrt unterschätzt". Zu einem ähnlichen Befund war zuvor schon das Münchner Ifo-Institut gekommen. Laut DIWliegt das Hauptproblem in der Fristigkeit der Vorausschau. Die Aussagekraft von Prognosen, die sich über mehr als ein Jahr erstrecken, sei "sehr gering".

Besser sei die Qualität, wenn Vorausschau und Prognosezeitraum zeitlich enger beieinander lägen, da dann mehr und zeitnahere Informationen über den Konjunkturverlauf zur Verfügung stünden, heißt es - nicht ganz überraschend - in der Untersuchung des deutschen Instituts. Insbesondere Abschwünge würden zu spät und zu wenig stark erfasst.

Prognosestopp bekräftigt

DIW-Präsident Klaus Zimmermann war es auch, der vor einigen Wochen einen vorübergehenden Prognosestopp gefordert hatte. Die Untersuchung bekräftigt nun diese Ansicht: "Da es um die Aussagekraft der Konjunkturprognosen nicht gerade zum Besten bestellt ist, sollte man auf das Verkünden angeblicher Wahrheiten verzichten und mehr Zurückhaltung bei der Präsentation von Konjunktureinschätzungen zeigen", stellen die Studienautoren fest. Dabei wird mit dem Phänomen der "sich selbst erfüllenden Prophezeiungen" sowie des "Herdentriebs" argumentiert. (as, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.3.2009)