Grafik: STANDARD

Wien - Mit der Wirtschaftskrise wird das dünne Eis, auf dem der ÖBB-Konzern vor fünf Jahren bei der ÖBB-Reform finanzierungstechnisch errichtet wurde, brüchig. Auslöser ist der massive Rückgang im ÖBB-Güterverkehr (im günstigeren Fall erwartet Rail Cargo Austria minus 15 Prozent Frachtvolumen, im Konzern wird allerdings bereits mit minus 20 Prozent gerechnet). Rückläufig ist darüber hinaus auch die Zahl der Passagiere im Personenverkehr. ÖBB-Holding-Chef Peter Klugar hofft, mit einem zehnprozentigen Umsatzrückgang auszukommen. Bahnintern beginnt man sich freilich auch dort auf minus 15 Prozent einzustellen.

Dramatische Auswirkungen

Diese Umsatzeinbrüche haben dramatische Auswirkungen, bringen sie doch den gesamten Finanzierungskreislauf des ÖBB-Konzerns in Schieflage: Personen- und Güterverkehr werden heuer um 70 bis 80 Millionen Euro weniger Schienenmaut (Infrastrukturbenützungsentgelt, machte zuletzt 439 Mio. Euro aus) an die am Budgettropf des Steuerzahlers hängende ÖBB-Betrieb-AG zahlen; die kann wiederum weniger "Pacht" (Nutzungsentgelt, 473 Mio. Euro) an den Besitzer des Schienennetzes, die ÖBB-Infra-Bau-AG, zahlen. Womit das Dilemma offenkundig wird: Die ÖBB-Infra-Bau-AG braucht jährlich um mindestens 2,5 Prozent steigende Pachteinnahmen, um die jährlich um 1,7 bis 1,9 Milliarden Euro wachsenden Schulden und Finanzierungskosten des Bahnausbaus (zehn Millionen Euro) bedienen zu können. Reicht die Schienenmaut nicht für die Pacht, ist die Konstruktion nicht mehr Maastricht-konform und die Bahnschulden werden dem Budget zugerechnet. Österreichs Staatsverschuldung steigt dramatisch.

Noch mehr Staatsgeld

Die Folge: Die ÖBB bräuchte (noch) mehr Staatsgeld, das angesichts der Wirtschaftskrise und sinkender Steuereinnahmen aber fehlt. Also wird der 2004 umgebaute Konzern erneut umgebaut.
Der Plan, der unter den Koalitionspartnern grosso modo akkordiert ist: ÖBB-Infra-Bau und ÖBB-Infra-Betrieb werden zusammengelegt, um Schnittstellen zwischen den beiden (vor allem im Streckenbau) zu verbessern.
Um den jährlich mit 1,006 Mrd. Euro Steuergeld subventionierten ÖBB-Betrieb zu entlasten - 2008 musste die ÖBB-Bau-AG bereits 20 Prozent der Pacht stunden, damit die Betrieb-AG über die Runden kommt - kommt eine weitere Änderung: Die Bildung einer großen Produktionsgesellschaft für den gesamten Absatzbereich. Zu diesem Zweck soll der Verschub (rund 4500 Mitarbeiter) vom Betrieb in die Traktion verschoben werden.
Im Sinne der Kostenwahrheit, und um Lokführer, Wagenmaterial und Verschub besser steuern zu können, verschieben sich auch die Eigentumsverhältnisse: Rail Cargo Austria wird rund 70 Prozent an der Traktion besitzen, der Personenverkehr etwa 30. Derzeit ist es umgekehrt, der Personenverkehr muss 60 Millionen Euro Traktionsverlust konsolidieren.(Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.3.2009)