Tel Aviv - Nach dem Scheitern von Verhandlungen über einen Häftlingsaustausch mit der radikal-islamischen Hamas droht Israel mit einer erheblichen Haftverschärfung für Hamas-Gefangene. Es solle geprüft werden, ob die Haftbedingungen für Hamas-Gefangene gezielt verschlechtert werden könnten, hieß es am Mittwoch in Regierungskreisen. Israelische Medien berichteten am Mittwoch, ein vom scheidenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert ernannter Ministerausschuss solle untersuchen, ob die Bedingungen so geändert werden könnten, dass sie den Umständen ähneln, unter denen der vor fast drei Jahren entführte israelische Soldat Gilad Shalit im Gazastreifen festgehalten wird. Am Sonntag soll das Kabinett bei seiner wöchentlichen Sitzung darüber entscheiden.

Der Vorsitzende des Ausschusses, Justizminister Daniel Friedman, sagte dem israelischen Online-Dienst "ynet", es gebe Möglichkeiten, den Interessen von Sicherheitshäftlingen zu schaden, wie die Einschränkung des Besuchsrechts oder der Telefonate. Ariel Bendor, Rechtsprofessor von der Bar-Ilan-Universität, sagte am Mittwoch, dies sei juristisch sehr problematisch. Man könne die Gefangenen nach der gegenwärtigen Gesetzeslage nicht als "Trumpfkarten" benutzen. Der arabische Abgeordnete Afou Agbarija verurteilte eine solche Maßnahme als "inakzeptable Kollektivstrafe".

Besuchsrechte entziehen

Bei einer Sondersitzung der israelischen Regierung am Dienstag schlugen mehrere Minister den Berichten zufolge vor, den Häftlingen unter anderem das Recht auf Besuche durch Angehörige und das Rote Kreuz zu entziehen. Gegenwärtig lebten die Gefangenen in relativem Komfort, verfügten über Radio und Fernsehen, eine arabische Zeitung sowie Getränke in ihren Zellen, hieß es. Einige von ihnen machten im Gefängnis auch Abitur oder studierten an der Volkshochschule. Damit haben sie erheblich bessere Bedingungen als Shalit, der seit seiner Entführung durch ein Hamas-Kommando im Juni 2006 hermetisch abgeschirmt wird und weder Besuch von seiner Familie noch von dem Roten Kreuz erhalten durfte.

Israelische Medien berichteten am Mittwoch, Israel habe Hamas die Freilassung von 325 Gefangenen angeboten, von denen einige an Anschlägen beteiligt waren. Hamas habe jedoch die Freilassung von gut 100 weiteren Häftlingen gefordert, die zur Führung seines militärischen Arms gehörten. Die radikale Organisation habe auch der von Israel geforderten Deportation von etwa 120 Gefangenen ins Ausland oder in den Gazastreifen nicht zugestimmt.

Schwarze Liste

Das Büro Olmerts veröffentlichte am Dienstagabend eine Liste von Häftlingen, die Israel nicht freilassen wollte. Die meisten von ihnen waren den Angaben zufolge an der Planung von Anschlägen auf Israelis beteiligt. Einer dieser Gefangen war der Hamas-Bombenbauer Abdullah Barguti, der für den Tod von 66 Israelis verantwortlich gemacht wird. Er soll etwa einen Selbstmordanschlag auf das Sbarro-Restaurant in Jerusalem geplant haben, bei dem 2001 15 Menschen getötet und 130 verletzt wurden. Ein weiterer Name ist Raad Hutri, der als Drahtzieher des Anschlags auf das Delphinarium gilt, bei dem im gleichen Jahr 22 junge Israelis getötet wurden. Israel fürchtet, dass solche Häftlinge nach einer Freilassung ihr Terrornetz rasch wieder aufbauen und neue Anschläge veranlassen könnten.

Olmert hatte am Dienstagabend vor Journalisten erklärt, Israel werde sich den Forderungen von Hamas nicht beugen. Man habe der im Gazastreifen herrschenden Organisation "großzügige Angebote" im Gegenzug für eine Freilassung Schalits unterbreitet, Hamas habe diese jedoch ausgeschlagen. Hamas erklärte hingegen, Israel sei für das Scheitern der Gespräche verantwortlich. Die Organisation werde weitere Soldaten entführen, um ihre Gefangenen freizupressen. Man werde den Preis für die Freilassung Schalits keinesfalls senken, sondern eher noch erhöhen, teilte der militärische Hamas-Arm am Mittwoch mit. (APA/dpa)