Kann das iPhone Sony und Nntendo schaden?

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Metal Gear Touch - Simpler Abklatsch des Originals?

Konami

"Baue die eierlegende Wollmilchsau", ist das Motto der Smartphone-Hersteller. Telefonieren wird schon fast zur Nebensache, wenn man mit einem Mobiltelefon Videos anschauen, Musik hören und im Internet surfen kann. Dank seiner intuitiven Touchscreen-Bedienung und der fast kantenlosen Einbettung mobiler Online-Dienste hat sich Apples iPhone rasch einen Namen gemacht. Die Nutzerbasis ist bereits auf 30 Millionen angestiegen.

Und so, wie der kalifornische Computer-Konzern die Handy-Welt für sich entdeckt hat, haben Softwarehersteller den Mac für die Hosentasche lieb gewonnen.

Alles aus einer Hand

Die Implementierung des Online-Marktplatzes AppStore hat es Konsumenten ermöglicht einfach sowie bequem nach neuen Anwendungen zu suchen und sie kostenlos oder gegen eine Gebühr direkt auf das Handy zu laden. Besonders populär dabei sind wenig überraschend Videospiele. Vom Tetris-Klon bis zur professionellen Umsetzung eines aktuellen PC- oder Konsolen-Hits findet man bereits über 6.000 Spiele und Spielchen für das iPhone und den Mobilfunk-losen kleineren Bruder iPod Touch.

iPhone 3.0

Am Dienstag stellte Apple nun die kommende Systemsoftware iPhone 3.0 vor und präsentierte im Zuge dessen einige Neuerungen, die sich auch an Spielentwickler richten. Beispielsweise wird es künftig möglich sein, zusätzliche Inhalte wie neue Levels zu verkaufen - wie es bereits von Konsolen bekannt ist.

Darüber hinaus wird das Spielen zu mehrt unterstützt. Peer-to-Peer-Konnektivität über Wireless LAN sollen lokale Mehrspielerpartien erlauben. Zu guter Letzt dürfen Programmierer dann auch die Vibrationsfunktion des Handys unterstützen.

Große Erwartungen

Die Konsequenz daraus: Immer mehr Entwicklerstudios arbeiten an iPhone-Fassungen ihrer Bestseller. Electronic Arts etwa brachte bereits vergangenes Jahr eine vereinfachte Variante des PC-Spiels Spore auf den Markt und zieht nun mit iPhone Sims 3 nach. Das japanische Traditionsunternehmen Konami plant 2009 gleich mehrere Kassenschlager mobil zu machen - darunter Metal Gear Solid und Silent Hill. Ubisoft bringt das Action-Adventure Assassin's Creed und LucasArts melkt die Star Wars-Cashcow auch mit dem Apple-Telefon.

Rosige Aussichten

Daneben haben einige Independent-Produktionen, wie Field Runners und Pocket God bereits auch finanzielle Erfolge verzeichnen können. Brian Greenstone, der Erfinder von Enigmo verzeichnete in den ersten sechs Monaten nach dem Marktstart des Spiels 800.000 Downloads, die seinem Unternehmen auf einen Schlag 1,5 Millionen US-Dollar einbrachten.

Laut den Marktforschern von Comscore haben Spiele für Smartphones den größten Anstieg verzeichneten unter Handy-Games verzeichnet. Jedes sechste Mobile-Game landete bereits auf einem Apple-Gerät. Vergangenen November lud jeder dritte Besitzer ein Spiel auf sein iPhone herunter - 10 Millionen Nutzter.

Selbstsicher

Um das Marktpotenzial auszuloten, befragten die Analysten der Multimedia Research Company im Rahmen einer Studie 147 Führungspersonen von 136 Unternehmen der Mobile-Industrie. Demnach nannten 71 Prozent der Befragten Apples iPhone als interessanteste Plattform für die Mobile-Gaming-Branche.

Angesichts derartig zuversichtlicher Berichte, sieht sich Apple selbst auch besonders gut aufgestellt im Rennen um die Videospielmilliarden. Marketingmanager des Konzerns Greg Jowsiak meinte sogar in einem Interview mit T3, iPhone und iPod Touch repräsentierten die "Zukunft des Gameplays" und adressierte mit seiner Aussage konkret die portablen Konsolen Nintendo DS und PSP.

Die Bedienung über den Touchscreen und der eingebaute Beschleunigungssensor würden die Basis für spannende Spielideen liefern. Einen großen Vorteil sieht Jowsiak auch in der Preisgestaltung der iPhone-Spiele. Als Downloads werden sie zu einem Bruchteil der Anschaffungskosten für ein Vollpreisspiel für Nintendos oder Sonys Konsole angeboten.

Gegenstimmen

Dass dieser Vergleich hinkt, zeigt, dass die vermeintlichen Kontrahenten iPhone und Spielkonsole noch in zwei verschiedenen Ringen kämpfen. So sieht sich Nintendo keineswegs in Bedrängnis. Unternehmenspräsident Satoru Iwata betonte in einer Stellungnahme, man sei nicht darauf aus mit Mobiltelefonen oder dem iPod zu konkurrieren.

Grundsätzlich betrachtet, bieten alle drei Systeme unterschiedliche Ansätze. Während Sony mit grafisch aufwändigen Produktionen eher die Kerngemeinde der Spielerschaft ansprechen will, baut Nintendo stark auf den so genannten Casual Gaming-Markt und jüngere Zielgruppen. Das deutlich teurere iPhone und der iPod Touch zielen auf ein erwachsenes Publikum ab, das Spiele hauptsächlich komplementär genießt.

In den Kinderschuhen

Für die "Zukunft des Gaming", wie sie sich mancher Manager heute bereits ausmalen mag, ist noch reichlich Vorarbeit zu leisten. Denn zum einen kann Apple kaum mit eigenem Videospiel-Know-how aufwarten und ist rein auf die Initiativen der Dritthersteller angewiesen. Zum anderen muss sich erst zeigen, dass das iPhone ohne physische Steuerungseinheiten überhaupt für intensivere virtuelle Erlebnisse gerüstet ist. Den größten Anteil der iPhone-Games kann laut Mobclix.com das Puzzle-Genre für sich verbuchen. Ob Blockbuster wie Zelda oder God of War mit dem iPhone überhaupt umsetzbar sind, steht in den Sternen. Selbst das angekündigte Metal Gear Solid dürfte den ersten Berichten zufolge nicht mehr als ein besseres Moorhuhn-Schießen sein.

Voneinander lernen

Eines ist aber bereits jetzt schon absehbar: Das iPhone und künftig vielleicht auch andere moderne Smartphones dürften den Handyspiele-Markt an sich reißen und die großen Konsolenhersteller bei ihren künftigen Produkten beeinflussen. Zentralisierte Vertriebsplattformen wie der AppStore haben sich im Zusammenspiel mit speicherfreudigen Endgeräten schon in kurzer Zeit bewährt.

So hat auch Sony bereits einen eigen PlayStation Stores in die PSP implementiert und es ist fraglich, ob die nächste PSP auch noch ein optisches Laufwerk für Spiele haben wird. Ein großer interner Speicher könnte in Zukunft zum Schlüsselbaustein aller Systeme werden.

Kostengünstige Entwicklung

Ein weiterer großer Vorteil für Smartphone-Spieleentwickler sind die deutlich geringeren Kosten für Entwicklungswerkzeuge. Das treibt vor allem die rasche Etablierung von günstigeren Indie-Games und Casual Games voran, die eine breitere Basis an Anwendern ansprechen. Eine ähnlich offene Struktur könnte bei Konsolen für einen Schwung frischer Ideen sorgen. Die Befürchtung, das iPhone könnte den gesamten Handheld-Gaming-Markt für sich vereinnahmen, scheint doch weit hergeholt. Wenngleich sich die konkurrierenden Handyhersteller bald warm anziehen müssen. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 18.3.2009)