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Washington - Der amerikanische Versicherungsriese AIG gerät immer stärker in die Kritik. Für Ärger sorgen die Bonuszahlungen, insgesamt 165 Millionen Dollar, die sich die Manager des Konzerns gönnten, obwohl ihr schwerkrankes Unternehmen am Tropf des Steuerzahlers hängt.

Rücksichtslos, gierig, selbstverliebt - das sind die Vokabeln, die Politiker in Washington benutzen, um ihre Wut in Worte zu kleiden. Der Aufruhr geht quer durch die Parteienlandschaft. "Wenn Sie das Geld nicht selber zurückzahlen, werden wir es für Sie tun", droht Charles Schumer, der Senator aus New York, der zu den führenden Finanzexperten der Demokraten zählt. Sein konservativer Kollege Chuck Grassley legt den Bonus-Empfängern sogar ans Herz, Kamikaze in Erwägung zu ziehen.

Nach einer Aufstellung des New Yorker Generalstaatsanwalts haben sich 418 AIG-Beschäftigte die Boni geteilt. Rund ein Viertel der Summe floss an zehn Spitzenkräfte, die generöseste Einzelzuwendung lag bei 6,4 Mio. Dollar. 52 Begünstigte haben die Firma inzwischen verlassen, was die Verteidigungslinie der Konzernleitung erheblich schwächt. Unternehmenschef Edward Liddy, der am Mittwoch im Parlament Rede und Antwort stehen musste, hatte kürzlich erklärt, er brauche die Bonuszahlungen, um "die Besten und die hellsten Talente" zu halten.

In die AIG flossen seit Herbst fast 200 Mrd. Dollar an Steuergeldern, um den angeschlagenen Giganten zu retten. Die vorerst letzte Tranche, 30 Milliarden, wurde erst im März beschlossen. Sie ist es, auf die sich die Opposition nunmehr stürzt. Was wusste der Präsident Barck Obama? Warum zog Finanzminister Tim Geithner die Daumenschrauben nicht an? Geithner habe alles getan, um die Boni zu reduzieren, nimmt das Weiße Haus den bedrängten Minister in Schutz.

Als Gegenstimmen zum populistisch angeheizten Chor der Entrüstung melden sich Rechtsexperten beschwichtigend zu Wort. Nach der Papierlage sei AIG verpflichtet gewesen, die Boni zu überweisen, meint Lawrence Cunningham, Juraprofessor der George Washington University. Um den Weichei-Vorwurf zu entkräften, fordert Geithner 165 Millionen zurück, sonst werde er den Geldhahn zudrehen. (Frank Herrmann, Washington, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.03.2009)