Tokio - Justament zum Besuch des österreichischen Umweltministers in Tokio einigte sich die japanische Regierung darauf, fünf Milliarden Dollar (3,87 Mrd. Euro) in "grüne Projekte" zu investieren. Allerdings nur in Entwicklungsländern. "Unsere Firmen hingegen wollen in Japan Technologie für die Abfallwirtschaft, für Fernwärme, für Holzbewegung verkaufen", sagt Nikolaus Berlakovich im Gespräch mit dem STANDARD.

Vor allem die japanischen Wälder - fast 70 Prozent der Gesamtfläche der Insel - wolle Japan endlich effizient nutzen, berichtet der VP-Minister aus ersten Gesprächen mit Politikern in Tokio. Das heurige Jubiläumsjahr, in dem 140 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Tokio und Wien gefeiert werden, nutzen österreichische Firmen auch für Exportoffensiven - am Montag präsentierte sich ein Dutzend Umwelttechnologiefirmen, im Laufe der Woche kommen ebenso viele Lebensmittelhersteller und Winzer.

Generationswechsel

Jesper Koll, ehemaliger Chefanalyst von Merrill Lynch in Japan und heute als selbstständiger Consultant der einzige nichtjapanische Berater der Regierung in Tokio, sagt: "Der derzeitige Generationswechsel in Japan und auch die Wirtschaftskrise bieten in den nächsten sechs bis zwölf Monaten Chancen, die Sie nie wieder kriegen." Denn die Krise breche auch alte Strukturen auf, sagt er in einem Gespräch mit Berlakovich und Journalisten. "Meine Lieblingszahl in Japan lautet: 360.000. So viele Zwischenhändler gibt es in Japan für Konsumgüter. Zwei Drittel davon haben weder Kontakt mit einem Produzenten noch mit einem Konsumenten. Das ist ein verkrustetes Verteilungssystem. Deswegen tun sich eure Firmen so schwer hier. Aber auch hier ändert sich jetzt etwas: Im Schnitt sind diese Zwischenhändler 64 Jahre alt. Und die Söhne wollen das nicht mehr machen."

"Im Investitionsgüterbereich ist es nicht so schlimm", erklärt Ernst Laschan, Österreichs Außenhandelsdelegierter in Tokio. Bei Umwelttechnologie habe Japan einen hohen Bedarf. Es bewege sich in Japan lange nichts, aufgrund des starren politischen und gesellschaftlichen Systems. Doch die Bankenkrise der 90er-Jahre habe gezeigt, dass sehr schnell etwas geschehen kann, "wenn der Hut brennt". Mit der Strukturreform bei den Banken sei auch die Firmenwelt durchgeputzt worden, von der Struktur her sei die japanische Wirtschaft "gesund", meint Laschan.

n der schwächeren Weltkonjunktur machen die extrem exportabhängigen japanischen Firmen nun aber weniger Gewinne im Ausland. "Im eigenen Land verliert Toyota beispielsweise mit jedem Autoverkauf Geld", so Koll. In der Krise beginne man zu erkennen, dass der seit Jahren stagnierende Binnenmarkt auch wichtig sei, sagt Laschan.

In der von der Krise erzwungenen Umstrukturierung sei auch das Hochtechnologieland Japan offen für neue Lösungen. Laschan bringt das Beispiel Abfallwirtschaft. Auch in Japan wird - nicht zuletzt aufgrund des Platzmangels auf der von 128 Millionen Menschen bewohnten Insel - Müll nur mehr verbrannt, nicht mehr deponiert. Was noch nicht gang und gäbe ist, ist daraus auch Energie zu gewinnen. Bei der Alternative Fernwärme und auch Fernkälte "sind aber wir gut", so Berlakovich. (Leo Szemeliker aus Tokio, DER STANDARD, Printausgabe, 17.3.2009)