Die Lehrer sind ja nur der Anlass und die symbolträchtigste Berufsgruppe. In Wahrheit geht es um den gesamten öffentlichen Dienst. Die Weltwirtschaftskrise zwingt den Staat, bei seinen Dienern zu sparen. Erstens, um finanziellen Bewegungsspielraum zu behalten, zweitens, um der sozialen Gerechtigkeit willen, da auch die Beschäftigten im privaten Sektor mit Einkommenseinbußen zu kämpfen haben.

Wir befinden uns mitten in einem Verteilungskampf, und zwar nicht so sehr zwischen "arm" und "reich" - Österreich gehört zu den EU-Ländern mit sehr gleichmäßiger Einkommensverteilung -, sondern zwischen geschütztem und ungeschützten Sektor. Fast könnte man sagen, die Linie der wahren "soziale Gerechtigkeit" verlaufe zwischen privat und öffentlichem Dienst.

An diesem Wochenende haben sich Regierungsvertreter in ungewohnt offener Form zu diesem Thema geäußert. Bundeskanzler Faymann sagte in einem Interview mit der Presse, es werde "reale Kürzungen" bei Beamten und beim Bundesheer geben. ÖVP-Klubobmann Karl-Heinz Kopf war im Kurier noch um einiges deutlicher: Unterrichtsministerin Schmied habe mit ihrem "Vorpreschen" den Lehrern das Gefühl gegeben, dass sie die einzigen sind, die in der Krise drankommen. "Aber sie sind es nicht. Viele Mitarbeiter in der Industrie leisten ihren unfreiwilligen Beitrag. Und sie werden nicht die einzigen bleiben. Die Krise wird weiter auf die Realwirtschaft übergreifen. Der private Sektor, der den öffentlichen alimentiert, kann weniger abliefern, es muss im Gegenteil Geld hineingepumpt werden, damit er nicht den Bach runter geht." Dadurch werde der gesamte öffentliche Sektor unter Druck kommen. "Wir werden uns von einem Fünfsternestandard zu einem Viersternestandard durchringen müssen."

Na gut, Kopf ist erstens Vorarlberger und kommt zweitens aus dem Wirtschaftsbund. Da sind coole Wortmeldungen über einen "Fünfsternestandard" im Öffentlichen Dienst vielleicht eher zu erwarten. Aber in der ORF-"Pressestunde" meinte auch Sozialminister Hundstorfer, immerhin ein Ex-ÖGB-Chef und (vor allem) Ex-Vertreter der Wiener Gemeindebediensteten, mit der Bemerkung aufhorchen, in der Krise sei der gesamte öffentliche Dienst "in die Pflicht genommen" . Die wütenden Proteste der Gewerkschaft öffentlicher Dienst ließen nicht lange auf sich warten.

Und GÖD-Chef Neugebauer hat intern angeblich schon angekündigt, die Spitzengewerkschafter würden bald bei der Regierung aufmarschieren.

Die Lehrer teilen inzwischen an die Eltern schulpflichtiger Kinder Flugzettel aus, in denen von einem "Eisbergmodell LehrerInnenarbeitszeit" die Rede ist: der Unterricht in der Klasse sei nur die Spitze des Eisbergs ihrer Tätigkeiten. Dass ein Gutteil der Extra-Aufgaben extra bezahlt wird, fehlt in der Ausarbeitung.

Es ist das Recht des Öffentlichen Dienstes, sich gegen Verschlechterungen zu wehren. Aber was beim GÖD einen ungeheuren Aufruhr auslöst, findet im privaten Sektor laufend statt. Die Debatte wird daher hart werden. (Hans Rauscher, DER STANDARD, Printausgabe, 17.3.2009)